Ein Abend ganz ohne Demut
5. Dezember 2017Mannschaftsaufstellungen des FC Bayern München gegen Paris St. Germain sind ja immer eine besondere Sache. Der frühere Trainer, der sich inzwischen nach einem Job in seiner italienischen Heimat umsieht, kann das bestätigen: Als er einige der Leistungsträger im Hinspiel in Paris auf die Bank beorderte, setzte es im Gegenzug drei Tore der Gastgeber und unmittelbar danach war Carlo Ancelotti die längste Zeit Bayern-Trainer gewesen. Soweit der Rückblick.
Daran zu erinnern ist nicht nur deshalb wichtig, weil Ancelottis Vorvorgänger und Nachfolger Jupp Heynckes nun die Aufgabe zukam, seinerseits eine Mannschaft gegen die Millionentruppe PSG aufzubieten. Und auch Heynckes zeigte, dass er zu Überraschungen fähig ist: Dass Javi Martinez und Thomas Müller nicht in der Anfangself sein würden an diesem Abend in München, hatten manche so nicht erwartet.
"Eine interessante Aufstellung"
Dafür: Ein Mannschaftskapitän Franck Ribery nach langer Verletzungspause von Anfang an? Und ein Mittelfeld mit Corentin Tolisso und Sebastian Rudy auch zur Unterstützung der Abwehr, um dem - diesmal schwarz gekleideten und stets fein dotierten - Vollstrecker-Sturm der Herren Neymar, Edinson Cavani und Kylian Mbappe entgegenzutreten? "Eine interessante Aufstellung", bemerkte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Interview mit dem TV-Sender Sky.
Interessant? Als die Beobachter noch grübelten, ob sich der 72-jährige Trainer-Guru diesmal vielleicht ins Knie geschossen haben könnte und sich von dem ersten PSG-Schuss-Schreck (oder war es ein Schreck-Schuss) auf das Bayern-Tor erholten, fummelte sich der Mann mit der Rückennummer 9 durch, den man vielleicht mit seiner eisgrauen Frisur noch nicht auf Anhieb erkennt, aber wegen seines roten Trikots eindeutig zuordnen kann. Robert Lewandowski, Spielminute acht, Tor Nummer 1.
Läuft doch. Als Corentin Tolisso dann in Minute 37 seinen Kopf dort hinhielt, wo die Flanke von James Rodriguez landete, wurde die Laune der Bayern-Fans auf den Rängen der Allianz-Arena besser und besser. Sollte es wirklich .... ?
Der Präsident lächelt
Nein, davon hatte der erwähnte Trainer-Guru vorher nichts hören wollen. Die Ausnahmetruppe PSG mit vier Toren Unterschied von der Gruppen-Spitze verdrängen zu können, hätte sich nach dem freudlosen Hinspiel niemand vorstellen können. Als die zweite Halbzeit begann, sollte sich zeigen, dass Jupp Heynckes, dem wahrscheinlich niemals ein anderer erfolgreicherer Jupp in München nachfolgen kann, mit seiner nach außen getragenen Skepsis den richtigen Riecher hatte. Paris rannte, Paris stürmte, Mbappe machte das Anschlusstor und für eine gute Viertelstunde sah es so aus, als würde das ganze Spektakel geschäftsmäßig zu Ende gehen.
Dass die übertragenden TV-Kameras dann in der 78. Minute einen lächelnden Bayern-Präsidenten einfangen konnten, lag sicher auch daran, dass sich Uli Hoeneß zwischenzeitlich über das 3:1 durch Tolisso ebenso gefreut hatte wie über seinen Lieblingstrainer, der diesen Mann und die anderen roten Spieler aufgestellt hat. Zwischenzeitlich hatte Ribery vom Platz abtreten und die Kapitänsbinde an den eingewechselten Thomas Müller abgeben können. Auch der im Nah- und Einzelkampf erfahrere Arturo Vidal kam noch zu seinem Auftritt.
Doch dann ist das Spektakel vorbei. Etwaige Zweifel, dass die Bayern dieses Spiel gewinnen würden, wurden im Laufe des Abends unter anderem durch Torhüter Sven Ulreich zerstreut. Bleibt die Frage, wie man in den kommenden Monaten diesen Trainer mit den interessanten Aufstellungen ersetzen soll. Aber der Mann ist ja gerade erst 72.