Gefährliches Ergebnis für Angela Merkel
16. September 2013Überraschungen sind ausgeblieben. Am Ende eines ereignislosen Wahlabends, an dem schon mit der Prognose alles klar war, sind buchstäblich wieder bayerische Verhältnisse eingekehrt. Die CSU hat den historischen Ausrutscher von 2008 wieder korrigiert. Damals hatte sie über 17 Prozent verloren und ging mit gut 43 Prozent aus der Wahl. Ohne die FDP konnte sie nicht regieren und ging eine Koalition ein. Nun steht die absolute Mehrheit wieder für die CSU. Das deutliche Scheitern der Liberalen war erwartet worden. Die SPD hat auf niedrigem Niveau etwas zugelegt, zu wenig aber, um für den kommenden Sonntag Wunder von den Sozialdemokraten und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück zu erwarten.
Keine Angst vor Nichtwählern
Auf den zweiten Blick bietet die Bayernwahl dennoch Bemerkenswertes. Das große Schreckgespenst - der Nichtwähler - wurde vorerst vertrieben. Rund 65 Prozent Wahlbeteiligung sind sieben Prozentpunkte mehr als noch vor fünf Jahren. Den größten Profit zog daraus die CSU. Das ist umso erstaunlicher, da die Partei aus der Regierungsverantwortung heraus mobilisieren konnte. Das ist selten und ungewöhnlich. Normalerweise ist für alle Regierungsparteien die Mobilisierung der eigenen Klientel oft das größte Problem im Wahlkampf.
Die CSU hat vor allem den eigenen Koalitionspartner ausgeblutet. Wer vor fünf Jahren noch aus taktischen Gründen das Kreuz bei FDP gemacht hatte, hat diesmal die CSU gestärkt. Die Bayern haben der Ein-Parteien-Regierung ein eindeutiges Votum erteilt.
Wer hat Angst vor der AfD?
Insgesamt haben alle kleinen Parteien Verluste hinnehmen müssen. Zugelegt haben nur CSU und SPD. Die Konservativen auf hohem, die SPD auf niedrigem Niveau. Für die Bundestagswahl am 22. September lassen sich nach dem Bayern-Ergebnis nur schwer Prognosen stellen. Das hat verschiedene Gründe. Die Partei der Euro-Kritiker, die "Alternative für Deutschland" (AfD), ist zwischen Main und Alpen nicht angetreten. Bei der Bundestagswahl allerdings geht der Neuling an den Start. Vor allem bei Angela Merkels CDU dürfte die AfD auf Stimmenfang gehen. Nicht alle Unionswähler sind mit Merkels Euro- und Schuldenmanagement-Politik zufrieden. Die Frage in der CDU-Zentrale lautet: Wie viel Stimmen zweigt die AfD Merkels CDU ab?
Die FDP und der Mitleidseffekt
Noch folgenreicher wird das Abschneiden der FDP für Angela Merkel am Sonntag werden. Mit mageren drei Prozent in Bayern und dem deutlichen Rauswurf aus dem Landtag bleibt die FDP das Zünglein an der Waage für das bürgerliche Lager. Experten gehen mehrheitlich davon aus, dass viele Unions-Anhänger nun der FDP sogenannte "Mitleidsstimmen" geben werden - insofern birgt das Bayernresultat eine Gefahr für Kanzlerin Angela Merkels Partei. Offiziell will die CDU keine Leihstimmen für das liberale Lager spendieren, da ließ Hermann Gröhe, der Generalsekretär der CDU, keinen Zweifel. Die historische Erfahrung lehrt anderes. Was offiziell von der Parteispitze ausgeschlossen wird, ignoriert die Basis meistens aus purem Machterhalt. Die CDU braucht die FDP an ihrer Seite um weiter regieren zu können. Andere Koalitionspartner stehen nach Lage der Dinge nicht zur Auswahl. Die Liberalen müssen demnach über die Fünf-Prozent-Hürde, sonst könnte der 22. September das Ende der Regentschaft Merkel bedeuten.
Für die FDP geht es im Bund um alles. Das zeigen die ersten Reaktionen. Der Parteivorsitzende Philipp Rösler investierte in seiner ersten Stellungnahme gerade mal etwas mehr als eine Minute in die Bewertung des desaströsen Bayern-Ergebnisses seiner Partei. Der FDP-Gau in Bayern wurde buchstäblich abgehakt. Jetzt gehe es um Deutschland, sagte Rösler mit unüberhörbarem Pathos. Die Botschaft an die eigene Klientel lautet nun: Jetzt erst recht!
Ein bisschen SPD mehr in Bayern
Nicht ganz so existentiell wie bei den Liberalen ergeht es den Sozialdemokraten. Etwas mehr an der Wahlurne in Bayern ist selbst auf niedrigem Niveau für die SPD ein Erfolgserlebnis. Der Vorsprung von Angela Merkel im Direktvergleich mit ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück ist zwar immer noch groß, dennoch nähern sich die Werte für Steinbrück langsam an Merkel an. Steinbrück will nun mit noch mehr Selbstbewusstsein die letzten Tage vor der Wahl angehen. Seine umstrittene Mittelfinger-Aktion hat ihm bislang - zumindest nachweislich - nicht geschadet.