Bayer stellt CureVac-Impfstoff noch 2021 her
15. Februar 2021In Zukunft soll mehr Corona-Impfstoff in Deutschland produziert werden. Dafür will der Bayer-Konzern sorgen - auch wenn er bislang noch keine Impfstoffe hergestellt hat. Noch in diesem Jahr sollen im Bayer-Werk in Wuppertal (Arikelbild) die ersten Dosen des COVID-19-Impfstoffs der deutschen Firma CureVac produziert und ausgeliefert werden. "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir noch vor Jahresende - wenn alles gut geht - die ersten Impfstoffe sogar ausliefern können", sagte Vorstandschef Werner Baumann am Montag. "Wir haben vor, hier am Standort 160 Millionen Dosen Impfstoff im nächsten Jahr zu produzieren", ergänzte Bayer-Pharmachef Stefan Oelrich.
Noch ist allerdings weder der Impfstoff von CureVac noch das Bayer-Werk in Wuppertal, in dem das Vakzin produziert werden soll, zugelassen. Dem Standort hatte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, eine beschleunigte Zulassung in Aussicht gestellt. Wegen der Beschaffung und Validierung von Geräten sowie aufwendiger Qualifizierungsstudien dauert es noch einige Monate, bis die Bayer-Anlage startklar ist - hergestellt wird in einem Reinraum, in dem selbst kleinste Verschmutzungen verhindert werden müssen.
CureVac plant die Zulassungsanträge für den Impfstoff im zweiten Quartal stellen zu können. Bereits im Dezember wurde die entscheidende dritte Studie für den Impfstoff mit mehr als 35.000 Teilnehmern gestartet.
CureVac setzt auf viele Partner
Der Leverkusener Pharma- und Agrachemiekonzern Bayer ist nicht der einzige Bündnispartner von CureVac. GlaxoSmithKline will für die Tübinger bis zu 100 Millionen der für dieses Jahr geplanten 300 Millionen Impfdosen herstellen. Als Produktionspartner hat sich CureVac neben Wacker Chemie und Fareva auch den Pharma-Dienstleister Rentschler, der auch Fertigungsschritte für BioNTech übernimmt, ins Boot geholt.
Dank des Ausbaus des Produktionsnetzwerks will CureVac im kommenden Jahr bis zu eine Milliarde Impfdosen herstellen. Bis zu 300 Millionen Dosen werden für dieses Jahr angestrebt.
Impfstoffproduktion nicht allein dem Markt überlassen
Um unabhängiger vom Ausland zu sein, drängt die Bundesregierung darauf, alle Möglichkeiten für eine erhöhte Impfstoff-Produktion in Deutschland auszureizen. Das Ganze hätte aber schon viel früher stattfinden können. Schon im April 2020 hatten Bill Gates und einige Industrievertreter vorgeschlagen, man solle das Impf-Thema nicht allein dem Markt überlassen, sondern selber frühzeitig Kapazitäten schaffen, um schnell mit der Produktion loslegen zu gehen, sobald ein Impfstoff zugelassen ist.
In Europa hat man sich aber darauf verlassen, dass es genügen würde, Abnahmegarantien und Produktionszuschüsse zu geben. Das das nicht ausreichend gewesen sein mag, gab EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Impfstoffbeschaffung im Europaparlament ein. "Wir waren zu spät dran bei der Zulassung. Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns auch zu sicher, dass das Bestellte auch tatsächlich pünktlich abgeliefert wird."
Schnell, schnell funktioniert nicht bei Impfstoffen
Ein großes Problem dabei: Der Aufbau einer eigenen Impfstoffproduktion funktioniert nicht von heute auf morgen. Wenn man jetzt anfangen würde, Firmen auf die Impfstoffproduktion umzurüsten, brauche man sicherlich ein Jahr, sagte BioNTech-Finanzvorstand Sierk Poetting kürzlich.
Auch könne der Impfstoff nicht einfach von Generikaherstellern in Schwellenländern hergestellt werden. "Das ist eine völlig neue Technologie, die man nicht mal eben in ein Pillenwerk reinbringen kann", sagte er mit Blick auf die noch völlig neue mRNA-Technologie, auf der das BioNTech-Vakzin basiert. So produziert der weltgrößte Impfstoffproduzent, das Serum Institut of India, das AstraZeneca-Vakzine, einen sogenannten Vektorimpfstoff, der nach herkömmlicher Weise hergestellt wird.
BioNTech bekommt Hilfe von vielen Seiten
Neben CureVac arbeitet auch der Impfstoffhersteller BioNTech mit Hochdruck daran, seine Produktionskapazitäten auszuweiten. Der US-Konzern Baxter will im westfälischen Halle schon ab diesem Monat den Biontech-Impfstoff herstellen. Zu den Produktionspartnern gehört auch der bayerische Arzneimittelhersteller Dermapharm. Ende Januar kündigte auch der Schweizer Pharmariese Novartis an, BioNTech ab dem zweiten Quartal bei der Abfüllung unter die Arme zu greifen.
Neben Bayer überlegen auch die beiden anderen großen Pharmakonzerne aus Deutschland - Merck aus Darmstadt und der Familienkonzern Boehringer Ingelheim - wie sie sich bei der Impfstoffherstellung einbringen könnten. Merck erwägt, ob für Biontech einzelne Prozessschritte übernommen werden könnten, etwa die Abfüllung und die Verpackung. Die Hessen beliefern BioNTech bereits mit Lipiden, die für die Herstellung des Vakzins essenziell sind und unterstützen weltweit mehr als 50 COVID-19-Impfstoffprojekte mit Produkten wie Filter, Bioreaktoren und Zellkulturmedien.
Boehringer prüft wiederum, ob Kapazitäten aus der Tierimpfstoffproduktion in Frankreich für die Abfüllung von COVID-19-Impfstoffen genutzt werden könnten, wie ein Sprecher sagte.
Auch der französische Pharmakonzern Sanofi will für BioNTech in eine Anlage in seinem Frankfurter Werk produzieren. Bislang wurden dort Diabetes-Medikamente hergestellt. Auch diese Umstellung benötigt Zeit, erst ab dem Sommer sind erste Lieferungen zu erwarten.
iw/hb (rtr, dpa)