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Bautzen reagiert auf Gewaltausbrüche

15. September 2016

Erneut steht die sächsische Stadt Bautzen wegen Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen im Fokus. Ausgangsperren und Alkoholverbote sollen für Ruhe sorgen. Doch an der Polizei wird auch Kritik laut.

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Die Gewalt ging laut Polizei von den Flüchtlingen ausBild: picture-alliance/dpa/Xcitepress

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen und Einheimischen in der sächsischen Stadt Bautzen wollen die Behörden erneute Zwischenfälle verhindern. Im Zentrum der Maßnahmen stehen die Flüchtlinge. So kündigte der Landkreis an, gegen die etwa 30 in der Stadt lebenden jugendlichen Flüchtlinge ein Alkoholverbot auszusprechen. Außerdem gelte ab 19 Uhr eine Ausgangssperre. Vier mutmaßliche Rädelsführer aus einem Wohnheim wurden an andere Standorte gebracht, damit sie keinen Einfluss mehr auf ihre Mitbewohner ausüben können.

Die Polizei kündigte zudem an, ihre Präsenz auf dem zentralen Kornmarkt in Bautzen zu verstärken. "Wir werden auch in den nächsten Tagen vor Ort sein und das Problem in den Griff bekommen", sagte der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Görlitz, Klaus Mehlberg. Ermittelt werde wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs sowie gefährlicher Körperverletzung.

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Bautzens Polizeichef Uwe Kilz schilderte die Vorfälle auf einer PressekonferenzBild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

Attacken mit Flaschen, Steinen und Holzlatten

Am Mittwochabend war es auf dem zentralen Platz der Stadt zu Krawallen gekommen. Etwa 80 gewaltbereite junge Männer und Frauen, die die Polizei größtenteils dem rechten Spektrum zuordnet, und 20 junge Asylbewerber standen sich dort gegenüber. Die Ausschreitungen gingen offenbar von den Flüchtlingen aus. Aus deren Gruppe seien Flaschen und Steine in Richtung der Rechten geflogen, sagte der Bautzener Polizeichef Uwe Kilz bei einer Pressekonferenz. Daraufhin seien die Asylbewerber ihrerseits mit Steinen und Flaschen attackiert worden. Aus der Gruppe der Rechtsradikalen heraus seien immer wieder fremdenfeindliche Parolen skandiert worden - unter anderem, dass Bautzen und der Kornmarkt den Deutschen gehörten.

Die Polizei war nach eigenen Angaben mit einem Großaufgebot von etwa hundert Beamten im Einsatz, um beide Seiten zu trennen. Aus der Gruppe der Asylbewerber heraus seien die Beamten mit Flaschen, Holzlatten und anderen Gegenständen beworfen worden, sagte Kilz. Die Polizei setzte daraufhin Pfefferspray und Schlagwaffen ein. Die Ausländer flüchteten sich in ein Asylbewerberheim, das von der Polizei abgeriegelt wurde, um weitere Übergriffe zu verhindern.

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Die Polizei war mit rund 100 Beamten im EinsatzBild: picture-alliance/dpa/Xcitepress

Ein 18-jähriger Heimbewohner erlitt aus noch unbekannter Ursache Schnittverletzungen. Als er ins Krankenhaus gebracht werden sollte, wurde der Rettungswagen behindert und mit Steinen beworfen. Nach Aussagen von Polizeichef Kilz ist noch unklar, aus welchen Reihen die Wurfgeschosse kamen. Am Morgen hatte es im Polizeibericht noch geheißen, der Krankenwagen sei "von mehreren augenscheinlich rechtsmotivierten Männern" an der Anfahrt gehindert und mit Steinen beworfen worden. Ein zweiter Rettungswagen brachte den 18-Jährigen später unter Polizeischutz ins Krankenhaus.

Polizei rechtfertigt sich

Die Polizei wurde nach eigener Darstellung von der Zuspitzung der Lage überrascht. Diese "entstand aus dem Nichts", sagte Kilz. Der leitende Kriminaldirektor Mehlberg räumte ein, es sei "nicht optimal" gelaufen, was die verfügbaren Polizeikräfte betreffe. Allerdings hatte es bereits an den Vortagen in Bautzen Auseinandersetzungen gegeben, so am Freitag am Rande einer Kundgebung der Initiative "Bautzen bleibt bunt". Am Dienstagabend war ein Einheimischer bei einer Auseinandersetzung mit Asylbewerbern durch einen Flaschenwurf verletzt worden.

Die sächsische Linke sprach von "Pogromstimmung" und kritisierte den Einsatz der Polizei mit anfangs zu wenigen Beamten. "Die Polizei muss in der Lage sein, Flüchtlinge und Gegendemonstranten vor den Neonazis zu schützen, die in erheblicher Überzahl waren", erklärte die Bautzener Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Auch der Bautzener CDU-Abgeordnete Marko Schiemann forderte mehr Polizeipräsenz.

Bautzen war in den vergangenen Monaten wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Im Februar hatten Schaulustige einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft zugesehen und die Löscharbeiten behindert. Im März war Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Besuch in der Stadt beschimpft und beleidigt worden.

wo/wh (dpa, afp, epd)