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Barroso tritt ab

21. Oktober 2014

Ein letztes Mal ist José Manuel Barroso als Präsident der EU-Kommission vor das Europaparlament getreten. In seiner Abschlussrede wünschte er sich mehr Wachstum für Europa und verteidigte seine Amtsführung.

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Jose Manuel Barroso bei seiner Abschiedsrede (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der scheidende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte in seiner Abschiedsrede Anreize für mehr Wachstum. Europa habe zuletzt zu sehr auf Sparsamkeit gesetzt, jetzt müsse es mit Wachstumsinitiativen gestärkt werden, sagte der Portugiese in einer Rede vor den EU-Parlamentariern in Straßburg. Notwendig sei ein "nachhaltiges Wachstum", das nicht mit Schulden finanziert werde.

Daher müssten die EU-Staaten "auf dem Reformpfad bleiben", forderte Barroso. Er rief die EU-Mitgliedsländer auf, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und frühere Fehler nicht zu wiederholen. Sie dürften nicht gegeneinander agieren, sondern müssten an einen Strang ziehen. "Keine Konfrontation, sondern Kooperation, nur so können wir unsere Ziele erreichen", betonte Barroso, den die Abgeordneten mit heftigem Beifall verabschiedeten.

Rückschau und Verteidigung

In seinem Rückblick verteidigte Barroso die Bilanz seiner zehnjährigen Amtszeit. Die EU habe die Lehren aus der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gezogen. Sie habe ein wirtschaftspolitisches Steuersystem eingeführt, durch das die EU-Kommission neue Lenkungsbefugnisse erhalten habe. Die Europäische Zentralbank (EZB) könne heute Banken beaufsichtigen und trotz des Widerstands in manchen Hauptstädten gebe es nun eine Bankenunion. "Dies war vor der Krise unvorstellbar." Seit Beginn der Finanzkrise seien mehr als 40 europäische Rechtsakte geschaffen worden, etwa zur Überwachung der nationalen Haushalte. "Fazit: Die EU ist heute stärker integriert und besser gegen Krisen gewappnet", sagte Barroso. Auch seien ein Bankrott Griechenlands und ein Auseinanderbrechen der Eurozone verhindert worden. Die Eurozone sei weiter angewachsen und werde demnächst 20 Mitgliedsländer haben. Der Euro sei "stark und widerstandsfähig", die EU sei noch immer die "weltweit größte Volkswirtschaft". "Vergessen Sie bitte nicht, wo wir standen“, appellierte Barroso an die Parlamentarier.

Seinem designierten Nachfolger Jean-Claude Juncker, über dessen neue Kommission das EU-Parlament an diesem Mittwoch abstimmt, wünschte Barroso "Unterstützung für ein ehrgeiziges Investitionsprogramm in den kommenden Jahren".

Vor allem Abgeordnete aus dem linken Lager hatten die Politik von Barrosos Kommission immer wieder heftig kritisiert. Sie warfen dem rechts-liberalen ehemaligen portugiesischen Regierungschef vor, er und seine Kommission hätten einseitig auf Haushaltsdisziplin gesetzt und nicht genug zur Ankurbelung der Wirtschaft getan. In der Debatte über Barrosos Bilanz kritisierten die Sozialdemokraten, dass der Portugiese in seiner Rede nicht auf die Arbeitslosigkeit eingegangen sei. "Dies ist doch heute die Hauptgeißel", sagte der italienische Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Gianni Pittella. "Wir stehen vor einer Deflation, und die antieuropäischen Bewegungen waren noch nie so stark wie heute."

qu/wl (dpa, afp)