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Bargeld gibt es Freitag

Klaudia Prevezanos29. August 2002

Damit Betriebe in den Flutgebieten wieder auf die Beine kommen, zahlt die Bundesregierung Soforthilfen aus. Einen Schuldenerlass bei den Banken wird es aber nicht geben.

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Wer soll das bezahlen?Bild: AP

Die Verkaufsräume sind geflutet, Waren und Vorräte aufgeweicht, Maschinen, Fahrzeuge und Büros hat das Wasser beschädigt oder zerstört. Angestellte können nicht zur Arbeit kommen. Die Jahrhundertflut in Deutschland macht auch Unternehmen schwer zu schaffen. Wie hoch die Schäden für die Wirtschaft sind, lässt sich erst sagen, wenn das Wasser abgeflossen ist.

Doch schon ab Ende dieser Woche sollen Soforthilfen an kleine und mittelständische Betriebe sowie an Freiberufler ausgezahlt werden. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) rechnet damit, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages am Donnerstag seinem Antrag zustimmen werde. Unmittelbar danach sollen Förderinstitute und Landesaufbaubanken das Geld an Firmen- und Geschäftsinhaber auszahlen können, wenn deren Betriebsvermögen durch das Wasser beschädigt wurde. Betroffene Firmen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bayern können einen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro je Unternehmen bekommen. Verfügbare Mittel von Bund und Ländern: 400 Millionen Euro.

Das Geld ist mehr als nötig. Allein die Wirtschaft in Sachsen hat bei der Flutkatastrophe einen Schaden von schätzungsweise vier Milliarden Euro erlitten. In Sachsen-Anhalt sind nach ersten Schätzungen etwa 4000 Unternehmen direkt oder indirekt von der Flutkatastrophe betroffen. Das Magdeburger Wirtschaftsministerium geht davon aus, dass das Hochwasser in etwa 2000 Betrieben zum Teil erhebliche Schäden an Gebäuden und Anlagen angerichtet hat. Etwa genau so viele Firmen hätten Probleme, weil Kunden oder Zulieferer betroffen oder Verkehrswege zerstört seien.

10.000 Betriebe im Osten betrofffen

In der Region Dresden sind laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) 7000 Unternehmen betroffen. In ganz Ostdeutschland liege die Zahl bei über 10.000 Betrieben, berichtete die "Welt am Sonntag". Nach Schätzungen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks sind 7000 Handwerksbetriebe beschädigt, bis zu 70.000 Arbeitsplätze könnten in Gefahr sein. Damit betroffenen Unternehmen ihre Angestellten nicht entlassen müssen, können sie Kurzarbeit anmelden. Die Sozialversicherungsbeiträge werden dann vom Bund übernommen.

Die Schäden im Einzelhandel sind ebenfalls noch nicht abzusehen. In Sachsen gibt es Städte wie Glashütte oder Grimma, in denen man zeitweise nicht einkaufen konnte. Beschädigt sind Kaufhäuser genauso wie kleine Läden. "Wir schätzen, dass zwölf bis 13.000 Einzelhandelsgeschäfte von der Flutkatastrophe betroffen sind“, sagt Robert Weitz vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) im Gespräch mit DW-WORLD. "Und einige Hundert“, schätzt der Chefvolkswirt des HDE, "werden auch nicht wieder aufmachen.“

Kein Schuldenerlass durch die Banken

Wie es für viele Betriebe nach der Soforthilfe weitergeht, ist ungewiss. Unternehmer, die Kredite aufgenommen haben, um ihren Betrieb zu gründen oder auszubauen, werden wohl diese Schulden zurückzahlen müssen. Auch wenn die Investitionen durch das Wasser beschädigt oder zerstört wurden. Denn Banken und Sparkassen wollen ihnen die Schulden, wie von Minister Müller und Kanzler Gerhard Schröder (SPD) gefordert, nicht erlassen. Das Sofortprogramm der Bundesregierung für Unternehmen sieht deshalb nur vor, dass Zinszahlungen und Tilgungen zunächst nur ausgesetzt werden.

Die Sparkassen sind zwar Geldgeber für über 80 Prozent der Kredite in den betroffenen Gebieten. Sie sind aber nach eigenen Angaben selbst Opfer der Flutkatastrophe. So hat die Sparkasse Freital-Pirna von ihren 44 Filialen derzeit acht geschlossen. In den Hochwassergebieten werden die Bewohner von mobilen Geschäftsstellen mit Bargeld versorgt.