Bangladesch: Bauwerke als Todesfallen
Wieder hat ein Großbrand in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka zahlreiche Menschenleben gefordert. Seit 2010 sind in dem übervölkerten Land in Südasien bei Bau- und Brandkatastrophen mindestens 1500 Menschen getötet worden.
Inferno in Dhakas Altstadt
Explosionen, unkontrollierbare Flammen, einstürzende Gebäude: Immer wieder gerät Bangladesch mit verheerenden Bau- und Brandkatastrophen in die Schlagzeilen. Am späten Mittwochabend breitete sich - möglicherweise nach einer Explosion - ein Feuer auf mehrere Wohnhäuser in einem alten Teil der Millionenstadt Dhaka aus. In den Gebäuden wurden nach Angaben der Feuerwehr Chemikalien gelagert.
Kein Ausweg
Wie die Behörden mitteilten, konnten bisher 70 Tote geborgen werden. 41 Verletzte würden in Krankenhäusern behandelt. Dass so viele Mensche den Flammen nicht entkommen konnten, lag offenbar auch an der örtlichen Infrastruktur. Auf den ohnehin sehr engen Straßen habe es zum Zeitpunkt des Brandes einen Stau gegeben, sagte Feuerwehrchef Ali Ahmed der Nachrichtenagentur AFP.
Trauma Rana Plaza
Ob Feuer oder Einsturz: Jede tödliche Katastrophe in Bangladesch weckt Erinnerungen an den Zusammenbruch des achtstöckigen Gebäudes Rana Plaza am 24. April 2013. Bei dem bis heute schwersten Fabrikunfall in der Geschichte des Landes starben 1135 Menschen, mehr als 2400 weitere wurden verletzt. Viele Opfer hatten Kleidung für US-amerikanische und europäische Firmen wie Primark und Kik hergestellt.
Fortschritte und Rückschläge
Die Fabrikbetreiber hatten die Angestellten zur Arbeit geschickt, obwohl bei dem Gebäude am Vortag Risse festgestellt worden waren. Nach dem Unglück hatten Gewerkschaften und Unternehmen ein Abkommen für Brandschutz- und Gebäudesicherheit vereinbart. Derzeit wird vor Gericht über die Zukunft des "Bangladesh Accord" gestritten. Ein Prozess gegen 38 wegen Mordes Angeklagter liegt dagegen auf Eis.
Verbotene Chemikalien-Lagerung
Zu einem ähnlichen Fall wie dem jüngsten Brand in Dhaka kam es schon 2010. Damals kamen bei einem Feuer, das durch eine Explosion ausgelöst wurde, im dicht besiedelten Bezirk Nimtoli mehr als 120 Menschen ums Leben. Auch vor neun Jahren waren in dem Gebäude, in dem der Brand ausbrach, Chemikalien illegal gelagert worden. Ripon (Bild) verlor bei der Tragödie sechs Familienmitglieder.
Konsequenzen? Fehlanzeige
Trotz Forderungen nach Konsequenzen werden Wohnhäuser weiterhin illegal als Fabriken und Lagerhallen für Chemieprodukte benutzt. "Nach dem Unglück in Nimtoli haben wir 800 Chemielager identifiziert und vorgeschlagen, diese ins weit weniger dicht besiedelte Keraniganj zu verlegen", sagte ein Ex-Mitarbeiter der Feuerwehr der DW. Die Pläne seien von der Regierung aber nicht umgesetzt worden.
Schwierige Schuldfrage
2012 starben bei einem Brand in der Textilfrabrik Tazreen in einem Außenbezirk von Dhaka mindestens 117 Menschen. In dem Gebäude wurde auch Kleidung für das deutsche Unternehmen Kik hergestellt. Eine OECD-Beschwerde des Grünen-Politikers Uwe Kekeritz gegen Kik und andere Firmen scheiterte 2014. Das Dortmunder Landgericht wies im Januar eine Klage gegen Kik wegen eines Fabrikbrandes in Pakistan ab.
Auslöser Kesselexplosion
Die Explosion eines Heizkessels ließ im September 2012 Teile dieser Verpackungsfabrik in einem Industriegebiet am Rand von Dhaka einstürzen. Mindestens 24 Menschen kamen dabei ums Leben. Immer wieder führen derartige Explosionen in Bangladesch zu Unglücken, unter anderem weil die Überprüfung von Kesselanlagen in dem Abkommen für Brandschutz- und Gebäudesicherheit bisher nicht vorgesehen ist.
Kein Ende in Sicht
Auch 2017 forderte eine Explosion eines Dampfkessels in einer Textilfabrik in der bengalischen Hauptstadt Todesopfer. Mindestens 13 Menschen starben, als Wände und ein Dach des sechsstöckigen Gebäudes einstürzten. Mehrere NGOs fordern, dass die Sicherheit von Heizkesseln in den Bangladesh Accord aufgenommen wird. Bis dahin dürften viele der mehr als 4500 Textilfabriken im Land unsicher bleiben.