Bangladesch reagiert auf Masseneinwanderung
Schon seit Jahrzehnten kommen immer wieder Flüchtlingswellen aus Myanmar nach Bangladesch. Aber der aktuelle Zustrom von mehreren Hunderttausend sprengt die bisherigen Dimensionen bei weitem.
Endlich ein Lichtbildausweis
Harunur Rashid und Mohammad Dinar aus dem Rakhine-Staat in Myanmar haben zum ersten Mal in ihrem Leben einen Lichtbildausweis mit eigenem Namen und Geburtsdatum, ausgestellt in einem Flüchtlingslager in Bangladesch. Die Regierung in Myanmar erkennt Angehörige des Rohingya-Volkes nicht als Staatsbürger an.
Biometrische Datenerfassung
Die Regierung in Bangladesch ist besorgt über die Masseneinwanderung. Nach Angaben der UN sind seit den Gewaltausbrüchen am 25. August 2017 mindestens 420.000 Rohingya nach Bangladesch geflüchtet. Der bangladeschische Grenzschutz BGB hat mit der Erfassung biometrischer Daten in einigen Lagern angefangen. Bis zu 700 Personen können dort pro Tag registriert werden.
"Rohingya sollen heimkehren"
Für die Regierung Myanmars sind die muslimischen Rohingya Bürger Bangladeschs. Diese Sicht wird dort nicht geteilt. Ministerpräsidentin Sheikh Hasina forderte auf der UN-Vollversammlung mehr internationalen Druck auf Myanmar, um den Rohingya die Heimkehr zu ermöglichen. Sie schlägt - wenig realistisch - die Einrichtung von Sicherheitszonen in Myanmar unter UN-Kontrolle vor.
Gespaltene Stimmung
Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist groß, wie Augenzeugen berichten. Allerdings gibt es unter der winzigen buddhistischen Minderheit in Bangladesch auch Angst vor einer Wiederholung von Ausschreitungen gegen ihre Gruppe wie 2012. Im Flüchtlingsbrennpunkt Cox's Bazar wird steigende Kriminalität befürchtet und großflächige Verschmutzung durch die Flüchtlingscamps kritisiert.
Humanitäre Mammutaufgabe
Laut offiziellen Angaben Bangladeschs wurden über 2300 Flüchtlinge wegen schwerer Verletzungen durch Schusswaffen, Macheten, Landminen ärztlich behandelt. Unterdessen hat das Welternährungsprogramm erklärt, dass die Nahrungsmittelversorgung für die über 400.000 neuen Flüchtlinge für die nächsten vier Monate gesichert sei.
Impfkampagne
Nach UN-Angaben ist jeder dritte Flüchtling unter den Rohingya in Bangladesch ein Kind. Die Regierung in Dhaka hat eine Impfkampagne gestartet, wie hier im Flüchtlingslager Teknaf südlich von Cox’s Bazar. 34.200 Kinder seien bereits gegen Röteln, 18.400 gegen Polio geimpft worden.
Hilfsgüter laufen an
Erste internationale Hilfsgüter sind in der Grenzregion angekommen. Regennasse Straßen sind kaum befahrbar. Am Donnerstag verunglückte ein Hilfsgüter-LKW des Roten Kreuzes, neun Menschen starben.
Krisendiplomatie gefordert
Nach Ministerpräsidentin Hasina hat auch Bangladeschs Außenminister Abul Hassan Mahmood Ali (2. v. r.) die Flüchtlingslager besucht, gemeinsam mit Diplomaten aus 46 Ländern. Bangladesch fordert Druck auf Myanmar zur Rücknahme der Flüchtlinge, will aber gleichzeitig laut Hasina "friedliche Beziehungen zu allen Nachbarn".