Mehr Migranten ohne Chancen auf Asyl
7. Februar 2016Der Flüchtlingsandrang über die Balkanroute nach Europa hatte sich im vergangenen Jahr dramatisch zugespitzt. Und immer noch sind es Tausende, die von der Türkei über die Ägäis nach Griechenland kommen und von dort aus versuchen, nach Österreich, Deutschland und Schweden zu gelangen. Doch die Zahl derjenigen scheint zu sinken, die realistische Chancen haben, in der Europäischen Union bleiben zu dürfen.
Nach Einschätzung der EU-Kommission haben inzwischen etwa 40 Prozent der Migranten auf der Balkanroute kaum Aussicht auf Asyl oder Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union. Das berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (F.A.S.) unter Berufung auf einen hohen Kommissionsbeamten.
Weniger Syrer, mehr Iraker und Afghanen
Ein Grund: Immer weniger Zufluchtsuchende kommen aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Das zeigen auch aktuelle Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Demnach waren im Januar nur noch 39 Prozent der Migranten, die von der Türkei nach Griechenland kamen, Syrer - verglichen mit 69 Prozent im September.
Im Windschatten der Flüchtlingskrise habe jetzt ein verstärkter Migrantenstrom eingesetzt, so der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn. Das Problem bekomme dadurch "eine neue, zusätzliche Dimension", sagte Hahn am Samstag am Rande des EU-Außenministertreffens in Amsterdam.
Laut Frontex ist der Anteil von Migranten insbesondere aus zwei Ländern stark gestiegen: Es sind immer mehr Menschen aus dem Irak und aus Afghanistan auf der Balkanroute Richtung Nordwesten unterwegs. Wie die F.A.S. berichtet, stieg der Anteil der Iraker von acht auf 25 Prozent, der von Afghanen von 18 auf 24 Prozent. Diese Gruppen haben geringere Chancen auf Asyl oder Flüchtlingsschutz als Syrer. Hinzu komme ein größerer Anteil von Zuwanderern aus dem Maghreb in Nordafrika. Diese würden in aller Regel als Wirtschaftsflüchtlinge eingestuft.
Insgesamt sinkende Zahlen
Dem Zeitungsbericht zufolge erreichten im Januar 60.466 Migranten von der Türkei aus Griechenland. Das entspräche einem Tagesdurchschnitt von fast 2000 Migranten, verglichen mit knapp 3500 Menschen im Dezember und mehr als 6900 im bisherigen Spitzenmonat Oktober.
Die Bundesregierung plant, die drei Maghreb-Länder Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer einzustufen, um die Asylgesuche von Bürgern dieser Staaten schneller zurückweisen zu können. Auch Abschiebungen wären dann einfacher möglich. Einen entsprechenden Beschluss hat das Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel bereits gefasst. Die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu dem Gesetz, das Teil des sogenannten Asylpakets II ist, steht noch aus.
AR/se (afp/dpa/KNA/Reuters/faz.net)