Bürgermeisterwahl in Istanbul wird wiederholt
6. Mai 2019Die türkische Wahlkommission hat die Bürgermeisterwahl in Istanbul annulliert und für den 23. Juni eine Wiederholung angeordnet. Die Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die neue Abstimmung zuvor beantragt. Aus der Wahl Ende März war der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu von der Republikanischen Volkspartei (CHP) als Sieger hervorgegangen. Sein Vorsprung auf den AKP-Bewerber, Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim, betrug nach einer zweiten Auszählung der Stimmen lediglich 0,2 Prozentpunkte.
Erdogan hatte mehrfach behauptet, es habe bei der Abstimmung "Regelwidrigkeiten" und Korruption gegeben. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten mehr als 100 Mitarbeiter von Wahlämtern befragt. Trotz Einspruchs der AKP war Imamoglu von der Wahlbehörde zunächst zum Sieger erklärt worden. Er zog daraufhin ins Rathaus ein. Sein Mandat kann ihm nach einer Neuwahl aber wieder aberkannt werden.
Imamoglu: eine hinterhältige Entscheidung
In einer ersten Reaktion verurteilte der neue Bürgermeister Imamoglu die Entscheidung der Wahlkommission YSK. Vor vielen Anhängern zeigte er sich kurz vor Mitternacht im Viertel Beylikdüzü. Er sprach von einer hinterhältigen Entscheidung.
Auch der Europarat kritisierte den Schritt. Generalsekretär Thorbjorn Jagland sagte, die Entscheidung habe "das Potenzial, das Vertrauen der türkischen Wähler in die Wahlbehörden schwer zu beschädigen".
"Wer Istanbul regiert, der regiert die Türkei"
Die Wirtschaftsmetropole Istanbul wurde 25 Jahre lang von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert. Die Niederlage war ein herber Rückschlag für Erdogan, der dort selbst früher Stadtoberhaupt war. Dem Präsidenten wird das Zitat zugeschrieben: "Wer Istanbul regiert, der regiert die Türkei."
Landesweit wurde Erdogans AKP bei der Kommunalwahl stärkste Partei. Vier der fünf größten Städte des Landes gingen jedoch an die Opposition. Auch in der Hauptstadt Ankara hatte die Regierungspartei eine Niederlage eingefahren - mit deutlicherem Abstand als in Istanbul. Insgesamt waren in 81 Provinzen Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker gewählt worden. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 84 Prozent.
jj/fab (dpa, afp)