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Leben in Ma'ale Adumim

15. September 2010

Wie eine Festung thront die Siedlung Ma'ale Adumim auf einem Plateau östlich von Jerusalem. Rund 40.000 Menschen leben in der größten israelischen Siedlung im Westjordanland. Und sie wollen um jeden Preis weiter bauen.

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Gidon Ariel - Berater des Bürgermeisters von Ma'ale Adumim (Foto:DW/Gebert)
Gidon Ariel - Berater des Bürgermeisters von Ma'ale AdumimBild: Stephanie Gebert

Akkurat bepflanzte Grünstreifen, breit angelegte Straßen und saubere Spielplätze: Es gibt viele gute Gründe, in Ma'ale Adumim östlich von Jerusalem zu leben. Mit großem Einkaufszentrum, Fußball- und Spielplätzen sowie einer eigenen Tankstelle bietet die Siedlung eine Infrastruktur, die eine Fahrt in das wenige Minuten entfernte Jerusalem überflüssig macht. Sichtlich stolz auf das Erschaffene ist Gidon Ariel. Er ist PR-Berater und unterstützt den Bürgermeister von Ma'ale Adumim.

Teil des Staates Israel

Auf einer kleinen Mauer stehend, deutet er hinüber zum Skopusberg und auf die in der Ferne erkennbaren Ausläufer Ost-Jerusalems. Selbstverständlich, so der gebürtige US-Amerikaner, gehöre das gesamte Gebiet, das er als Judäa und Samaria bezeichnet, zum jüdischen Staat Israel - einschließlich der Siedlung Ma'ale Adumim. Widerstand komme lediglich von der Linken in Israel, meint Ariel. Sie sei gegen alles, was in Judäa und Samaria geschehe. "Dabei leben wir hier, so wie wir es sollten - ohne andere zu ärgern", so der orthodoxe Jude. "Abgesehen von einigen radikalen Splittergruppen, wissen alle, dass Ma'ale Adumim in jedem zukünftigen Abkommen Teil des israelischen Staatsgebiets sein wird."

Pläne zur Teilung des Westjordanlandes

Ma'ale Adumim(Foto:DW/Gebert)
Ma'ale Adumim hat etwa 40.000 EinwohnerBild: picture alliance/dpa

Seit 1975 wird in der Siedlung an der Straße nach Jericho ein Häuserblock nach dem nächsten hochgezogen. Immer, so betont Ariel, mit der Zustimmung der jeweiligen Regierung. Egal ob diese von Netanjahu, Scharon oder Rabin geführt wurde. Umstritten ist jedoch das zwischen Jerusalem und Ma'ale Adumim gelegene Gebiet, das als East 1 - kurz: E1 - bezeichnet wird. Der damalige Ministerpräsident Ariel Scharon wollte E1 so weit Richtung Osten ausbauen, dass es mit Jerusalem zusammenwächst. Doch international ist dieser Plan höchst umstritten. Denn schlussendlich würde ein Gürtel entstehen, der den nördlichen Teil und den südlichen Teil des Westjordanlands voneinander trennt. Ein lebensfähiger palästinensischer Staat wäre damit unmöglich.

Für Aliza Herbst, Sprecherin des "Yesha Council", des Dachverbands jüdischer Siedlungen im Westjordanland, ist dieses Problem leicht lösbar. Um Ma'ale Adumim könne man eine Autobahn bauen oder einen Tunnel, der unter der Siedlung hindurchführe. Den Gebietsverlust für einen späteren palästinensischen Staat ignoriert die gebürtige Texanerin. "Ich finde, ein Israeli hat das gleiche Recht wie alle anderen auf der Welt, dort zu leben, wo er möchte. Allerdings nur, wenn er damit nicht für andere eine Gefahr darstellt."

Gefahr durch palästinensische Nachbarn

Ma'ale Adumim(Foto:DW/Gebert)
Ma'ale Adumim wächst stetigBild: Stephanie Gebert

Für Aliza Herbst stellen die palästinensischen Nachbarn eine Gefahr dar. Sie ist mit ihrer fünfköpfigen Familie vor 31 Jahren nach Israel emigriert. Zwei ihrer erwachsenen Kinder leben inzwischen wieder in den USA und weigern sich, die Eltern in der jüdischen Siedlung zu besuchen - aus Angst vor möglichen Anschlägen. Immer wieder ist es in der Vergangenheit zu Ausschreitungen zwischen Palästinensern und Siedlern gekommen. Und so schützen die israelische Armee, örtliche Sicherheitskräfte und Grenzpolizisten die etwa 40.000 Siedler in Ma'ale Adumim.

Doch eine Rückkehr in die USA kommt für Aliza Herbst nicht in Frage. Sie versteht sich als Pionierin und wünscht sich weitere Amerikaner, die ihrem Beispiel folgen. Schließlich sei sie Jüdin. "Und was gibt es natürlicheres auf der Welt als Juden, die in einem jüdischen Staat leben?" Es klinge zwar verrückt, erklärt Herbst weiter, aber gerade weil der israelische Staat so oft attackiert werde und so viele Probleme habe, wolle sie hier leben. Amerikaner, die in den USA ausgebildet würden, dort ihr Staatsverständnis entwickelt hätten und die amerikanische Kultur lebten, würden in Israel gebraucht: "Je mehr davon kommen, umso besser. Und für mich ist die Vorstellung, Israel zu verlassen, undenkbar", sagt Herbst.

Palästinenser gehören nach Jordanien

Sie habe niemals geglaubt, selbst einmal im Westjordanland zu leben. Ich dachte, sagt sie mit einem Lächeln, das sei nur etwas für Extremisten. "Es gibt doch einen Palästinenserstaat – Jordanien", sagt Herbst. "Wenn man in die Geschichtsbücher schaut, ist Jordanien nichts anderes, als ein erdachter Staat, der aufgrund eines politischen Abkommens gegründet wurde", so Herbst. Die aktuelle Bevölkerung bestehe sowieso hauptsächlich aus Palästinensern. "Wenn die Palästinenser also ein Zuhause - abseits von Israel - haben wollen, gibt es auch eines. Viele von ihnen haben sogar jordanische Pässe." Dass ein großer Teil der heute in Jordanien lebenden Palästinenser nach der israelischen Staatsgründung 1948 ins Nachbarnland geflohen sind, erwähnt die Sprecherin der Siedler nicht.

Palästinenser haben Spiel verloren

So wie sie, ist der Berater des Bürgermeisters in Ma'ale Adumim, Gidon Ariel, aus den USA nach Israel gekommen. Seine Eltern schickten ihn als 14-Jährigen nach Jerusalem, um eine jüdische Ausbildung zu genießen. Inzwischen lebt er mit seiner gesamten Familie in Ma'ale Adumim. Kritik am Verhalten der Siedler im Westjordanland lässt er nicht gelten. Und für die Palästinenser hat er nur eine Botschaft: Der Kampf ums Land sei längst entschieden, sagt er. "Die Zeit läuft. Wenn ihr aufrichtig an einem Frieden interessiert seid, dann müsst ihr jetzt kommen. Denn ihr habt das Spiel verloren. Darum nehmt, was ihr jetzt kriegen könnt. Weil es morgen wieder weniger sein wird." Er glaube, so der fünffache Familienvater weiter, dass die jüdische Siedlungspolitik richtig sei und schlussendlich Frieden bringen werde.

Autorin: Stephanie Gebert
Redaktion: Diana Hodali