Wir Bürger übernehmen den Klimaschutz!
18. November 2016Von Nebelfang mit Netzen, um nachhaltig Trinkwasser zu gewinnen, zu innovativen, sauberen Technologielösungen - Bürger auf der ganzen Welt werden mittlerweile selbst aktiv, um den Klimawandel zu bekämpfen.
Nun zeichnete UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nicht-staatliche Organisationen für ihre innovative Lösungsfindung im Klimaschutz mit dem "Momentum for Change Award" aus. Er lobte die Zivilbevölkerung dafür, die lauteste Stimme im Klimaschutz zu haben und sich von politischen Restriktionen nicht zurückhalten zu lassen.
Es ist eine deutliche und klare Stellungnahme auf der Klimakonferenz in Marrakesch. Dort waren Regierungsvertreter aus der ganzen Welt für zwei Wochen zusammengekommen, um konkrete Schritte zu diskutieren, wie man den Klimaschutz weiter vorantreiben kann. Kurz davor, war am Anfang des Monats das historische Pariser Klimaabkommen in Kraft getreten.
Das 22. Klimatreffen der Vereinten Nationen, COP22, wurde häufig auch als "COP der Maßnahmen" bezeichnet. Doch noch bleibt offen, wie viele konkrete Maßnahmen aus den Verhandlungen über Klimaschutzmaßnahmen und Klimaschutz-Finanzierungen tatsächlich hervorgehen werden.
Viele Bürgerinitiativen, die am Klimatreffen in Marrakesch teilgenommen haben, beklagten, dass Otto-Normalbürger keine Verbindung zu den Plänen der Regierungen und keinen Zugang zu den Verhandlungen gehabt haben.
"Die Bürger dieser Welt fühlen sich weit entfernt von den Verhandlungen, dabei steht unser Leben auf dem Spiel", so Antoine Antonini von der Nichtregierungsorganisation Energies2050. "Es geht um unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unseren Planeten".
Bürgerinitiativen gegen Klimawandel
Während Regierungsvertreter noch über die Notwendigkeit für konkrete Klimaschutzmaßnahmen diskutieren - etwa über den Ausstieg aus der Kohle oder die Einführung erneuerbarer Energien, müssten Bürger auf der ganzen Welt bereits mit den Folgen des Klimawandels leben, sagen Umweltschützer.
Das zeige sich auch an Extremwetterereignissen: In den Philippinen werden schwere Stürme immer häufiger und stärker, Kalifornien und Teile Afrikas kämpfen mit Dürre und Europa erlebt immer häufiger Überschwemmungen. All dies führe dazu, dass Menschen ihre Häuser, ihren Lebensunterhalt und letztendlich auch ihr Leben verlieren.
Letztes Jahr unterschrieben Vertreter fast aller Ländern dieser Welt das historische Pariser Klimaabkommen. Dieses sieht vor, die globale Erderwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten. Doch bisher sind die Umsetzungs-Pläne dafür nicht ambitioniert genug. Laut des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) wird die globale Durchschnittstemperatur um mindestens drei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau ansteigen.
Daher springen nun regionale Bewegungen ein mit eigenen Lösungen, um eine weitere Erderwärmung zu verhindern und mit den Folgen des Klimawandeln umzugehen.
In Marokko hat die Organisation Dar Si Hmad eine Technologie erfunden, mit der man Nebel einfangen kann, um daraus Trinkwasser zu gewinnen - und das in einer Gegend, in der Wasser immer knapper wird. Solche Innovationen sind der Grund, warum Zivilgesellschaften so signifikant wichtig sind, sagt Jamila Bargach, die Teil der Dar Si Hmad Organisation ist.
"An der Basis spielt sich vieles ab, und genau dort kommen die Menschen zusammen", sagt sie in einem Interview mit der Deutschen Welle. "Menschen engagieren sich, da sie leiden, oder weil sie mit bestimmten Problemen umgehen müssen - bei Waldschutz, Energie oder Wasser ".
Gleichwertige Lösungen gefordert
Hunderte von gemeinnützigen Organisationen nehmen dieses Jahr an der Klimakonferenz in Marrakesch teil. Viele führen ihre Ideen bei begleitenden Veranstaltungen vor.
Dort ist auch die Rolle der Frau ein großes Thema. Hanna Gunnarsson arbeitet bei "Women in Europe for a Common Future International". Ihr Verein fordert, dass Geschlechtergerechtigkeit in alle Rahmenpläne zum Klimaschutz integriert wird.
"Wir wollen etwas, das in der Zukunft auch tatsächlich funktioniert, und das bedeutet, dass man nicht die Hälfte der Bevölkerung aus den Richtlinienverhandlungen ausschließen kann", sagte sie im Interview mit der Deutschen Welle. "Man muss in Betracht ziehen, dass wir alle verschiedene Hintergründe haben und nicht jeder den gleichen Ausgangspunkt hat".
Verunsicherungen durch Trump
Während seines Wahlkampfes kündigte Donald Trump an, aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen zu wollen. Laut seines 100-Tage-Plans will er zudem Milliardenzahlungen an Klimawandel-Programme der Vereinten Nationen streichen. Auch will er den Bau der Keystone Pipeline genehmigen - ein Projekt, dass Präsident Obama wegen Klimaschutz-Bedenken gestoppt hatte. Auch will Trump weiterhin Erdöl, Erdgas, Schiefer und Kohle fördern lassen.
Diese Vorhaben versetzten den Klimaverhandlungen in Marrakesch einen ordentlichen Dämpfer. Sie verleihen den Klima-Initiativen von Nichtregierungsorganisationen aber auch größeren Nachdruck, so Gunnarsson.
"Amerika ist nicht das Zentrum der Welt. Ich höre immer mehr Leute darüber reden, dass es wichtig ist, Bürgerinitiativen zu mobilisieren und zu stärken", sagte sie.
Doch es kann nicht alles an der Zivilbevölkerung hängen, sagt Betrand Piccard. Der Abenteurer machte Schlagzeilen, als er in einem Solarflugzeug um die Welt flog, nun hat er die "World Alliance for Clean Technologies" gegründet. Er sagt, dass die Zivilbevölkerung zwar wichtig aber nur ein Teil des Puzzles ist. "Wir brauchen klare Ziele und Vorgaben, die von Regierungen gesetzt werden", sagte er im Interview mit der Deutschen Welle.
Doch abgesehen von ein paar Ausnahmen sind diese oft nicht hochgesteckt genug, fügte er hinzu. "Man braucht eine Zivilbevölkerung, die Lösungsvorschläge hat, und man braucht große Unternehmen, die diese vorantreiben".
Doch eines ist klar: Was auch immer Führungskräfte aus dem Klimagipfel in Marrakesch hervorbringen, Bürger auf der ganzen Welt werden weiterhin aktiv sein, so Bargach. "Die Zivilbevölkerung handelt bereits und ist sehr engagiert, egal was passiert. Wir sind immer vor Ort und werden uns den Problemen annehmen".