Auftaktsieg mit Licht und Schatten
7. September 2014Die Dudelsäcke hörte man über die gesamte Spielzeit im mit 60.209 Zuschauern gut gefüllten Dortmunder Stadion, und auch die schottischen Anhänger sorgten mit ihrer inbrünstigen Sangesfreude für prächtige Fußball-Stimmung beim Pflichtspielauftakt der deutschen Elf nach der WM. Doch Zählbares nahm ihre Mannschaft nicht mit - Deutschland setzte sich am Ende knapp, aber verdient durch einen Doppelpack von Thomas Müller mit 2:1 (1:0) durch. Dabei tat sich die deutsche Elf vor allem im zweiten Durchgang schwer. Sorgen bereitete Bundestrainer Joachim Löw außerdem die Verletzung von Marco Reus, der nach einem Foul in der Schlussphase ausgewechselt werden musste und schmerzverzerrt vom Platz humpelte.
"Es müllert" wieder
Bundestrainer Löw hatte im Vergleich zum 2:4 im Testspiel gegen Argentinien vier Änderungen in der Startelf vorgenommen: Für Kevin Großkreutz rückte überraschend Sebastian Rudy auf die Rechtsverteidiger-Position, außerdem kehrte Jérome Boateng in die Abwehrreihe zurück. Thomas Müller spielte für Julian Draxler und im Sturm ersetzte Mario Götze den zuletzt glücklosen Mario Gomez. Somit standen zu Beginn neun Weltmeister auf dem Platz.
Und die machten gleich klar, dass im ersten Pflicht-Heimspiel der neuen Saison keine Geschenke verteilt werden würden. Deutschland bestimmte von Beginn an das Spiel, hatte mehr Ballbesitz und die ersten Chancen. Nur einmal kamen die "Bravehearts" gefährlich vor das Tor von Neuer, eine Abseitsposition verhinderte aber Schlimmeres. Besser lief es auf der anderen Seite: Nach einer Flanke von Rudy kam Müller mit dem Rücken zum Tor aus fünf Metern mit dem Kopf an den Ball und bugsierte diesen erfolgreich und viel umjubelt in der 18. Minute zum 1:0 ins Gehäuse der Gegner. Die Nominierung Rudys hatte sich somit schon bezahlt gemacht. Rudy, Toni Kroos und Marco Reus übten sich der Folge mit Weitschüssen, die aber nichts einbrachten. Die Nummer 27 der Welt verlegte sich nun auf das Verteidigen und kam nur selten und fast ausschließlich durch die weiten Abschläge über die Mittellinie.
Starke zweite Halbzeit der Schotten
Nach dem Seitenwechsel verpasste es das deutsche Team jedoch, den Schwung des ersten Durchgangs mitzunehmen und eröffnete den Schotten einige Möglichkeiten. Die erste große Torchance hatte Steven Naismith in der 48. Minute: Er ließ gleich drei deutsche Gegenspieler stehen, schoss dann aber knapp am langen Pfosten vorbei - da wäre Neuer machtlos gewesen. Gut zehn Minuten später war es wieder der Mann vom FC Everton, der die Chance zum 1:1 auf dem Fuß hatte, den Volleyschuss aber weit über das Tor setzte. In dieser Phase übernahmen die Schotten das Spielgeschehen und waren dem Ausgleich näher als Deutschland dem 2:0. In der 66. Minute war es dann folgerichtig soweit: Ikechi Anya spurtete von der Mittellinie bis in den deutschen Strafraum, blieb vor Neuer cooler als alle Argentinier beim WM-Finale und schob zum 1:1 ein.
Deutschland antwortete weltmeisterlich: Nur vier Minuten später nutzte Müller eine Unachtsamkeit im schottischen Abwehrverbund nach einer Ecke und besorgte die erneute deutsche Führung. Das Spiel wurde zu der engen und offenen Partie, die Bundestrainer Löw prophezeit hatte. Das Team von Trainer Gordon Strachan drängte auf den Ausgleich, jedoch vergebens - Deutschland brachte das knappe 2:1 über die Zeit. Kurz vor dem Abpfiff kassierte Charlie Mulgrew noch die Gelb-Rote Karte. Das letzte Aufeinandertreffen beider Teams hatte 2003 übrigens auch in Dortmund stattgefunden. In der damaligen EM-Qualifikation hatten die von Berti Vogts trainierten Schotten ebenfalls mit 1:2 verloren.
"Für mich war klar, dass es ein schweres Spiel wird, deshalb bin ich mit den drei Punkten zufrieden", sagte Löw nach der Partie. "Die Außenverteidiger haben es heute sehr ordentlich gemacht. In der Defensive sind wir in der zweiten Halbzeit etwas geschwommen und haben die Kontrolle über das Spiel verloren."
Irland mit Last-Minute-Sieg
Auch die vier anderen deutschen Gruppengegner starteten in die EM-Qualifikation. Irland setzte sich mit 2:1 (1:1) in Georgien durch. Aiden McGeady war mit einem Doppelpack der Matchwinner. Er brachte das Team von Trainer Martin O'Neill in Tiflis in Führung (24.) und rettete kurz vor dem Abpfiff schließlich den glücklichen Sieg (90.). Tornike Okriaschwili hatte zwischenzeitlich das 1:1 (38.) erzielt. Neuling Gibraltar hatte beim 0:7 (0:1) gegen Polen dagegen keine Chance. Bayern-Stürmer Robert Lewandowski steuerte vier Treffer zum Kantersieg bei. Gibraltar ist erst seit 2013 Mitglied in der Europäischen Fußball-Union.
Polen führt somit nach dem 1. Spieltag die deutsche Gruppe D an, dahinter folgen punkt- und torgleich Deutschland und Irland. Die nächsten Partien finden vom 9. bis 11. Oktober statt. Am 11. Oktober trifft Deutschland in Warschau auf Polen. Für die Endrunde in Frankreich (10. Juni bis 10. Juli 2016) qualifizieren sich die 18 Gruppensieger und -Zweiten. Auch fünf der neun Gruppen-Dritten kommen weiter: Der beste ist direkt qualifiziert, die restlichen acht spielen eine Play-Off-Runde aus. Frankreich ist als Gastgeber gesetzt. Erstmals nehmen 24 Mannschaften an der EM-Endrunde teil.