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Auf der Spur der weiblichen Identität

14. November 2001

Die italienische Schriftstellerin Dacia Maraini wurde am 13. November 65 Jahre alt. Sie gilt international als eine der Hauptvertreterinnen feministischer Literatur.

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Die Schriftstellerin Dacia MarainiBild: Peter Peitsch

"In der Geschichte haben Männer und Frauen immer verschiedene Sichtweisen vertreten, die keinen biologischen Ursprung haben, sondern in der unterschiedlichen Erziehung zu suchen sind." - So hat Dacia Maraini in einem Interview einmal ihr Interesse für die weibliche Identität erklärt. Die Schriftstellerin ist allerdings nicht nur Autorin von Romanen und Erzählungen, sondern in ihrer Heimat Italien auch als engagierte Essayistin bekannt.

Dacia Maraini hat eine erstaunliche Karriere hinter sich. Als sie 1962 ihre erste Erzählung "La vacanza" ("Tage im August") herausbrachte, sprachen viele Kritiker von einem krassen Fall literarischer Protektion. Zu jener Zeit war sie nämlich nicht nur die Gefährtin des 29 Jahre älteren Alberto Moravia (1907-1990), sondern schmückte ihr Erstlingswerk sogar mit einem Vorwort des berühmten Lebenspartners. Jedoch hat die Autorin die abwertenden Urteile im Laufe der Jahre durch Talent und Fantasie widerlegt und gehört heute zu einer der interessantesten Erscheinungen der italienischen Literaturszene.

Lebensweg

1936 als Tochter einer adligen sizilianischen Mutter und des Anthropologen Fosco Maraini in Florenz geboren, verbrachte Dacia ihre Kindheit in Japan. Später siedelte sie erst nach Palermo und dann nach Rom über, wo sie sich zunächst mit Gelegenheitsjobs durchschlug. Dann gründete sie mit Freunden eine literarische Zeitschrift und arbeitete an mehreren Zeitungen mit. Nach der Veröffentlichung ihrer ersten Romane und Erzählungen in den 60er Jahren war sie Mitbegründerin experimenteller Theater, in denen vor allem zeitgenössische italienische Stücke aufgeführt werden.

Marainis Gender-Verständnis

"Nur mit dem Willen allein kann man Tausende Jahre von Trennung und Ausschluss nicht auslöschen", meint Dacia Maraini zur Geschichte des Rollenverständnisses von Mann und Frau. Deshalb sei Literatur über die weibliche Identität unbedingt notwendig. Schon 1976 wählte sie für ihr Theaterstück "Dialog einer Prostituierten mit einem ihrer Kunden" eine Protagonistin, die sich bewusst für den Beruf der Prostituierten entschieden hat. Maraini wartet in dem Werk mit einem provokanten Credo auf: Da alle Frauen sich sowohl in der Ehe als auch in freien Beziehungen prostituierten, sei es ehrlicher und konsequenter, für diese obligatorische Dienstleistung wenigstens ein Entgelt zu verlangen.

Besondere Erfolge der Schriftstellerin

Mittlerweile ist Dacia Maraini eine vielfach ausgezeichnete Autorin. Bereits 1963 erhielt sie für den Roman "Zeit des Unbehagens" den Formentor-Verlegerpreis, 1999 den renommierten italienischen Literaturpreis Premio Strega für den Erzählband "Buio" (etwa: Dunkel). Darin setzt sie sich mit der Berichterstattung über Verbrechen auseinander. Und obwohl sie seit Jahrzehnten eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen Italiens ist, konnte sich Maraini über die Auszeichnung noch freuen wie ein Kind. "Ein Traum! Ich bin aufgeregt wie ein kleines Mädchen!", sagte sie damals.

Weitere Preise erhielt die Wahl-Römerin für ihre Bücher "Bagheria. Eine Kindheit auf Sizilien" (1993), "Die stumme Herzogin" (1992) und "Stimmen" (1995). Einen großen Erfolg hatte Dacia Maraini auch 1998 mit ihrem Briefroman "Liebe Flavia", in dem eine reife Frau Briefe über eine verflossene Liebe schreibt - allerdings nicht an ihren jungen Ex-Geliebten, sondern an dessen kleine Nichte. Das Kind, das nie auf die Briefe antwortet, wird so zu einer Art Klagemauer für den Verlust, den die Schreiberin beklagt.

In ihren Romanen hat die Autorin stets versucht, nicht den moralischen Zeigefinger zu heben. "Ein Schriftsteller darf kein Erzieher sein. Er muss sich auf das Erzählen beschränken, muss seine Hauptdarsteller führen. Und er darf weder verurteilen noch rechtfertigen", meint die Schriftstellerin.