Auf dem Weg zum Elektro-Porsche?
11. September 2015Christian Pricelius hat Matthias Müller an der Rennstrecke am Nürburgring getroffen, beim sechsstündigen Dauerrennen um die WEC-Weltmeiserschaft. Am 30.August fuhren die Porsche Rennwagen auf den ersten Plätzen. Die Porsche AG in Stuttgart ist bezogen auf ihre 24.000 Mitarbeiter mit 2,2 Milliarden Euro Gewinn im Geschäftsjahr 2014 der profitabelste und wachstumsstärkste Autohersteller der Welt.
DW: Ihr Gewinner-Wagen auf der Rennstrecke ist ein Hybridauto, der wohl schnellste Rennwagen dieser Art auf der Welt. Ist das die Technik von morgen?
Matthias Müller: Diese Hybridtechnik ist für uns ein Schritt hin zu alternativer Mobilität. Der nächste Schritt wird dann sicherlich ein reines Elektrofahrzeug sein. Die Frage ist, wann ist das soweit - und bis dahin ist für uns die Plug-In-Hybrid-Technologie ein probates Mittel, um die Zeit zu überbrücken. Das haben wir mit dem Auto bewiesen, dass man damit auch Rennen gewinnen kann - und zwar gegen stärkste Wettbewerber.
Glauben Sie, dass das Autofahren für treue Porsche-Fahrer nicht vielleicht entmystifiziert wird, wenn ein elektrischer Porsche kommt?
Wir haben uns vorgenommen: Wenn wir ein Elektroauto bauen, muss es wieder ein typischer Porsche werden mit sehr sportlichen Eigenschaften, mit einem entsprechenden Porsche-affinen Design und vor allem dann auch mit Features, die im Grunde genommen einmalig sind.
Ein großes Thema ist auch das automatisierte Fahren. Das fängt bereits in ihren Modellen an. Viele Porsche-Fahrer wollen aber das analoge, echte Renngefühl…
Letztendlich wird es so sein, dass das automatisierte Fahren nur eine Frage der Zeit ist. Aber das ist nicht morgen und ich glaube auch nicht übermorgen. Was sich aber weiter entwickeln wird, sind Fahrer-Assistenz-Systeme und da wird es sicher auch Porsche-Kunden geben, die sagen: Ich würde das auch gerne in meinem Auto haben. Das muss ja jetzt nicht der GT3 sein oder der Porsche 918, die werden so etwas eher nicht haben. Aber wenn ich an einen Panamera oder einen Cayenne denke, da wird es sicher entsprechende Nachfrage geben.
Nochmal zurück zum Rennen. Sie sind erfolgreicher als Audi gewesen. Macht es Ihnen nicht Sorgen, dass eine andere VW-Tochter nun von Ihnen überholt wird?
Nein, das macht mir jetzt keine Sorgen (lacht). Ich glaube, da sind wir alle sportlich genug, auch die Kollegen bei Audi, die sehen das sportlich und der Konzern sieht es auch sportlich. Wir haben das vorher gewusst, dass wir gegeneinander fahren und schauen, wer der Bessere ist. Im letzten Jahr war das Audi. Im Moment haben wir ein bisschen die Nase vorn. Unser Konzernchef Martin Winterkorn würde sagen: Hauptsache, es gewinnt der Konzern.
Sie haben seinerzeit entschieden, die Produktion sogenannter SUV auszubauen. Heute verkaufen sie davon mehr als von den normalen Sportwagen…
Wir denken auch betriebswirtschaftlich, denn die Zukunft von Porsche kann nicht nur im 911er liegen. Wir müssen schauen, was die Kunden von heute und von morgen für Ansprüche an ihre Autos haben. Da ist das SUV-Format eben sehr gefragt im Moment. Solange es uns gelingt, die 911er Gene in den SUVs abzubilden, ist es eine richtige Entscheidung.
Seit den 1990er Jahren wachsen die Gewinne von Porsche, 2014 waren es 2,2 Milliarden Euro. Wie reagieren Sie auf die Turbulenzen an den chinesischen Märkten und auf die kriselnde russische Wirtschaft?
In Russland sind wir gegen den Strom geschwommen, zumindest bisher, dieses Problem hat uns noch nicht getroffen. In China sind wir genauso betroffen, aber wir versuchen das eben durch eine entsprechende Angebots- und Preisstruktur zu lösen und wir sind auch zuversichtlich, dass sich das lösen lässt.
Rund 200.000 Autos hat Porsche 2014 produziert. Ein Viertel davon ging in die USA. Trotz Börsenkrise scheint China die USA erstmals als größten Absatzmarkt abzulösen.
Das wird wohl in diesem Jahr so sein, dass erstmalig China vor USA liegt. Aber man muss natürlich sagen, dass auch die Amerikaner einen tollen Job machen. Im Grunde genommen spielt sich das auf Augenhöhe ab. Ein paar Autos weniger oder mehr: Wir sind zufrieden, dass wir ein Unternehmen sind, das in den drei großen Regionen der Welt in etwa gleich viel Autos verkauft und eben auch auf vorübergehende Marktschwächen reagieren können.
Sie sind ja gelernter Informatiker und der Chef eines Motorsportkonzerns. Konnten Sie selber schon Rennen fahren?
Ich fahre nicht bei offiziellen Rennen, aber ich nehme mir schon die Freiheit in Weissach (der Forschungsrennstrecke, Anmerkung der Redaktion) oder in Leipzig auf der Teststrecke unseres Werkes einige Runden zu drehen. Das macht mir sehr viel Spaß. Aber dabei bleibt es auch.
Sie haben vor Ihrem Informatikstudium Werkzeugmacher gelernt. Nützt Ihnen das etwas als Geschäftsführer, können Sie heute noch an einem Auto schrauben?
Ob ich heute noch an einem Auto schrauben könnte, da ist es vielleicht besser, die Finger weg zu lassen. Aber es hilft natürlich schon, um die Dinge beurteilen zu können und um vielleicht richtige Fragen zu stellen. Den Bezug zur Basis, den habe ich, glaube ich, nicht verloren. Von daher bin ich froh, dass mein Vater mich damals dazu gebracht hat, diese Werkzeugmacherausbildung zu machen. Ich glaube, es hilft mir bis zum heutigen Tag, im technischen Verständnis, aber auch im Verständnis für Mitarbeiter.
Sie haben das Werk in Leipzig erwähnt, Sie sind ja selber geboren in Sachsen in den 1950er Jahren. Wie sehr sind Sie noch mit ihrer alten Heimat verbunden?
Ich bin da sehr oft gewesen in meinem ganzen Leben, weil wir die einzigen in unserer Verwandtschaft waren, die in den Westen gegangen sind. Alle anderen sind geblieben und von daher hab ich immer einen sehr engen Kontakt zu unserer Verwandtschaft. Also, ich kenn mich da durchaus ein bissel aus.
Matthias Müller, geboren am 9. Juni 1953 in Limbach-Oberfrohna (Sachsen) ist Vorstandsvorsitzender der Porsche AG. Nach seiner Ausbildung war er zunächst bei Audi, ging später mit VW-Chef Martin Winterkorn nach Wolfsburg in die Konzernzentrale. Seit dem 1. Oktober 2010 ist er Chef des Sportwagenbauers Porsche und sitzt zudem im Vorstand des Mutterkonzerns Volkswagen.