Attacken auf Portraits von Holocaust-Opfern
Die Ausstellung "Gegen das Vergessen" in Wien zeigt Bilder von Holocaust-Überlebenden. Doch wiederholt wurden die Fotos geschändet. Die Zivilgesellschaft reagierte: Junge Menschen bewachen die Porträts rund um die Uhr.
Mit Messern zerschnitten
Die mehr als 200 Bilder der Ausstellung zeigen Juden, Sinti und Roma und andere, die das Nazi-Regime verfolgte. Sie sind Teil der Ausstellung "Gegen das Vergessen". Seit Anfang Mai sind die Werke im Stadtzentrum von Wien zu sehen. In der Nacht nach der Europawahl wurden einige Bilder von Unbekannten attackiert.
Ausstellungsmacher entsetzt
Der deutsch-italienische Fotograf und Ausstellungsmacher Luigi Toscano hatte über ein Jahr lang Zeitzeugen getroffen, die heute in Deutschland, den USA, der Ukraine, Israel und Russland leben. Nach den Attacken zeigte er sich entsetzt. Via Facebook fragte er: "Österreich, was ist los mit dir?"
Schnelle Reaktion der Zivilgesellschaft
Nur wenige Stunden nach der Tat starteten mehrere Organisationen, unter anderem die Muslimische Jugend Österreich, einen Aufruf, die Bilder zu reparieren und zu bewachen. Die Porträts konnten von zahlreichen Freiwilligen innerhalb weniger Stunden wieder zusammengenäht werden.
Nicht die erste Attacke
Das Ergebnis der Rettungsaktion kann sich sehen lassen: Nur noch die roten Linien auf dem Bild lassen das Ausmaß der Attacken erahnen. Vor dem jüngsten Angriff war es bereits zu zwei Zwischenfällen gekommen. Zwei Tage nach dem Start der Ausstellung wurden mehrere Fotos mit einem Messer zerschnitten. Die Schäden waren allerdings geringer als im jüngsten Fall.
Rund um die Uhr vor Ort
Die Bilder, die auf öffentlichen Plätzen und in Parkanlagen zuvor bereits in 13 Städten installiert wurden, sollen in Wien nun rund um die Uhr bewacht werden. Nachts sind mehrere Wiener muslimischen Glaubens vor Ort. Sie wollen im islamischen Fastenmonat Ramadan auch für ihre Gesellschaft etwas Gutes tun - und nutzen die Gelegenheit auch zum gemeinsamen Fastenbrechen.
"Wir stehen Wache"
Bis zum Ende der Ausstellung Ende des Monats wollen neben jungen Musliminnen und Muslimen auch die Organisation "Young Caritas" und das Künstlerkollektiv "nesterval" vor Ort bleiben, um die Bilder vor Angriffen zu beschützen. Bei der Mahnwache auch dabei: Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (3.v.r.). Er bedankte sich bei den Helfern und sprach von einem "schönen Zeichen der Zivilgesellschaft".
Gemeinsam gegen Antisemitismus
Alice Uhl leitet die Young Caritas in Wien. Uhl ist hin- und hergerissen. Einerseits ist sie überwältigt von der Hilfsbereitschaft. Gleichzeitig schämt sie sich für die Schändung der Bilder: "Die Ausstellung wurde in keinem Land so oft angegriffen und noch nie derart beschädigt wie in Wien. Das geht nicht! Mir ist wichtig, dass wir gemeinsam hier sind, um ein Zeichen dagegen zu setzen."
Immer mehr Besucher
Wenigstens ein Gutes hatten die Attacken: Die Ausstellung zieht jetzt, durch die Anwesenheit der Wiener, die sie bewachen und durch die mediale Präsenz immer mehr Besucher an. Ausstellungsmacher Toscano hat schon die nächsten Ausstellungsorte im Blick: Nachdem die Portraitreihe schon in Berlin zu sehen war, werden die Fotos nun auch auf öffentlichen Plätzen in der Ukraine und den USA ausgestellt.