Atomstreit und Energiefragen: Kaspische Konferenz in Teheran
18. Oktober 2007Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Teheran war der erste eines russischen Staatsoberhaupts seit 1943. Damals reiste Josef Stalin zur Konferenz in die iranische Hauptstadt. Putin fuhr jetzt dorthin zum Gipfeltreffen der Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres, bei dem erneut über dessen Aufteilung zwischen den Ländern beraten werden sollte.
Nach Ansicht des russischen Experten Arkadij Dubnow diente das Gipfeltreffen aber lediglich als "Dekoration" für die Erörterung anderer Probleme. Das Treffen habe aus russischer Sicht das Ziel verfolgt, deutlich zu machen, dass die Möglichkeit bestehe, auf politische Weise Einfluss auf den iranischen Präsidenten zu nehmen. "Dabei wollte Moskau allerdings den Eindruck vermeiden, dass bilaterale Gespräche zwischen Putin und Ahmadinedschad das Hauptziel der Reise des russischen Staatschefs nach Teheran waren", betonte Dubnow im Gespräch mit der Deutschen Welle. Er fügte hinzu, er habe mit keinen Überraschungen während des Treffens gerechnet, schon gar nicht mit einer Einigung zum Status des Kaspischen Meeres.
Ungelöster Streit um Energiereserven
Die fünf Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres - Russland, der Iran, Turkmenistan, Aserbaidschan und Kasachstan - vereinbarten in Teheran, künftig einmal pro Jahr bei Gipfeltreffen über die Beilegung ihres Streits um die Ausbeutung der gewaltigen Öl- und Gasreserven in der Region zu beraten. Die Außenminister der fünf Staaten sollten sich zweimal im Jahr treffen. Dennoch sprach Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad von einem "Wendepunkt" in dem Streit.
Putin erklärte, die fünf Anrainer hätten "das exklusive Vorrecht" auf Ausbeutung der Bodenschätze. Aber wie schon vor fünf Jahren einigten sich die Gipfelteilnehmer nicht darauf, wie die Energiereserven unter den Anrainerstaaten aufgeteilt werden sollen. Während Russland, Aserbaidschan und Kasachstan eine Aufteilung entsprechend der Küstenlänge jedes Landes anstreben, wollen der Iran und Turkmenistan eine gemeinsame Nutzung. Der russische Experte Dubnow weist darauf hin, dass der Iran von seinen Forderungen nicht abweichen werde: "Es kommt doch allen entgegen, dass diese Frage ungelöst ist, weil beispielsweise Russland, aber auch Aserbaidschan und Kasachstan weiterhin Energieressourcen ausbeuten können, nachdem sie den Meeresgrund schon faktisch unter sich schon aufgeteilt haben."
Suche nach Entspannung im Atomstreit?
Zum Abschluss ihres Gipfeltreffens erklärten die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres zudem, ihr Territorium anderen Ländern nicht als Stützpunkt für militärische Einsätze zur Verfügung zu stellen. Drittstaaten werde es nicht erlaubt, vom Gebiet eines Anrainers aus Angriffe auf eines der Länder rund um das Kaspische Meer auszuführen. Ferner betonten die Staaten, dass sie das Recht eines jeden einzelnen Unterzeichners des Vertrags zur Nichtverbreitung von Atomwaffen zur friedlichen Nutzung von Nuklearenergie anerkennen. Die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres reagierten damit offenbar auf Spekulationen, die USA könnten den Atomstreit mit dem Iran möglicherweise mit militärischer Gewalt lösen wollen. Der Westen wirft dem Iran vor, unter dem Deckmantel einer zivilen Nutzung der Atomenergie nach Nuklearwaffen zu streben. Teheran bestreitet dies.
Der deutsche Experte Roland Götz von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik machte gegenüber der Deutschen Welle darauf aufmerksam, dass das iranische Atomprogramm für Russland eine ebensolche Gefahr darstelle, wie für alle anderen Staaten. Moskau könnte aufgrund seiner engen wirtschaftlichen Verbindungen zu Teheran zur Entspannung in dieser Region beitragen. Es sei aber offen, ob diese Möglichkeit genutzt werde. In diesem Zusammenhang erläuterte der russische Experte Dubnow: "Moskau beeilt sich nicht, endgültige Abmachungen zur Fertigstellung der Atomanlage Buschehr zu treffen, solange Teheran keine verlässliche Garantie abgibt, auch gegenüber Moskau, dass sein Atomprogramm keinerlei militärischen Zielen dient."
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17.10.2007, Fokus Ost-Südost