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Atomdiskussion in Südkorea

Julian Ryall, Tokio9. Februar 2016

Steht Nordostasien nach Nordkoreas Raketentest und der Sorge über einen weiteren Atomtest vor einem militärischen Wettrüsten? DW-Reporter Julian Ryall hat sich dazu in Tokio umgehört.

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Symbolbild - US Raketenabwehrsystem Foto by Lockheed Martin)
Bild: Getty Images

Die internationale Gemeinschaft hat Nordkoreas Raketentest scharf verurteilt. Am Sonntag schoss Pjöngjang eine Rakete ab, die laut Nordkoreas Angaben einen Satelliten ins All befördern sollte. Südkorea glaubt, der Nachbar wollte eine Langstreckenrakete testen und gab schnell bekannt, dass es bereit sei, mit den USA über die Stationierung eines neuen Raketenabwehrsystems zu sprechen.

Diese Entscheidung sorgte allerdings für Ärger in China. Peking beorderte den südkoreanischen Botschafter zum Gespräch, um sein Missfallen auszudrücken. Jetzt befürchten Experten, dass die Länder in der sowieso schon angespannten Region ein militärisches Wettrüsten anfangen könnten.

In Seoul wird die Einrichtung des THAAD-Raketenabwehrsystems seit mindestens zwei Jahren diskutiert, aber aus Respekt vor China gab es bisher keine endgültige Entscheidung. Die Nachbarn haben sich in den vergangenen Jahren angenähert in Bereichen wie Handel, Wirtschaft und sogar Sicherheitsfragen, und Südkorea hatte bisher kein Interesse daran, diese langsam wachsende Beziehung zu gefährden.

Aber Nordkoreas kriegslüstern wirkendes Verhalten bedeutet, dass für Seoul jetzt der Schutz seiner Bürger und seines Staatsgebiets Priorität hat. In einem Seitenhieb hieß aus Seoul außerdem, Peking möge doch aufhören, die nationale Sicherheitspolitik Südkoreas "beeinflussen" zu wollen.

Fernsehbildschirm, der Nordkoreas Raketenstart zeigt. (Foto: Reuters/K. Hong-Ji)
Nordkoreas Raketenstart, hier im südkoreanischen TV zu sehen, wurde international verurteiltBild: Reuters/K. Hong-Ji

"Grund zur Sorge"

"Südkorea hat guten Grund über die Handlungen Nordkoreas besorgt zu sein", sagte Jun Okumura vom Meiji Institute for Global Affairs in Japan der DW. Die Annäherung an die USA in Bezug auf das THAAD Raketenabwehrsystem erschiene ihm sehr sinnvoll, so Okumura weiter.

Seoul fürchtet Angriffe aus Nordkorea, sagt der Akademiker, während Peking über die Aussicht, ein fortschrittliches US-Raketenabwehrsystem vor der Tür zu haben, besorgt ist. In China werde dieser Schritt wie ein Abwenden von der sich noch entwickelnden Freundschaft gesehen - so, als ob sich Südkorea wieder der Umarmung Washingtons zuwende. Die Vereinigten Staaten garantieren seit 1945 die Sicherheit Südkoreas und haben am offensichtlichsten während des Koreakrieges von 1950 bis 1953 unter Beweis gestellt, dass sie auch danach handeln.

UN-Sanktionen werden ignoriert

Einige Experten befürchten, dass Nordkorea einen unterirdischen Atomtest plant, um zu zeigen, dass es sich nicht einschüchtern lässt. Das wiederum hat dazu geführt, dass in einigen Teilen der südkoreanischen Gesellschaft der Ruf nach einem eigenen nuklearen Abschreckungsmittel laut wird.

Am 28. Januar, nachdem Pjöngjang nach eigenen Angaben einen Thermonukleartest durchgeführt hatte, veröffentlichte die südkoreanische Zeitung "Chosun Ilbo" einen Leitartikel unter der Überschrift "Südkorea muss über die Anschaffung von Nuklearwaffen nachdenken".

Der Autor weißt darauf hin, dass China wenig tut, um das nordkoreanische Regime im Zaun zu halten und dass Nordkorea auf Maßregelungen der UN nur mit noch mehr Säbelrasseln reagiert. Sobald der Norden die Entwicklung von Nuklearwaffen und Raketen, die sie transportieren können, abgeschlossen habe, würde sich die "militärische Balance auf der Halbinsel gefährlich verschieben", heißt es in dem Artikel.

Sorge auch in Japan

"In Seoul muss jetzt über die Entwicklung eigener Atomwaffen diskutiert werden", so der Autor weiter.

"Wenn die Öffentlichkeit will, dass sich das Land mit Nuklearwaffen aufrüstet, dann wird die Regierung einfach eine Erklärung von 1991 für nichtig erklären, in der es um die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel ging. Südkorea müsste Gespräche mit den USA einleiten, um das Recht zu erhalten, Uran anzureichern und die eigenen verbrauchten Kernbrennstoffstäbe wieder aufzuarbeiten."

Südkoreanische Soldaten bei einer gemeinsamen Übung mit den USA. (Foto: Kyodo/MAXPPP)
Das südkoreanische Militär arbeitet mit den USA zusammen, wie bei dieser Übung im März 2014Bild: picture-alliance/dpa/Kyodo

Weder die USA noch China wollen, dass es so weit kommt. Beide Mächte beobachten außerdem die Sicherheitslage in Japan. Premierminister Shinzo Abe nutzt das aggressive Territorialverhalten Chinas und Nordkoreas unvorhersehbares Aufbrausen dazu, Unterstützer für den Vorschlag zu gewinnen, die Teile der Verfassung umzuschreiben, die Japan verbieten, in internationalen Konflikten Gewalt anzuwenden.

"Das Säbelrasseln Nordkoreas hilft Abe sehr dabei, beispielsweise seine Verfassungsänderungen voranzutreiben", sagt Jeff Kingston, Direktor des Programms für Asiatische Studien am Japan Campus der Temple University.

"Nordkorea erhöht durch seine Handlungen den Einsatz immer weiter. Ich würde zwar zur Zeit noch nicht sagen, dass wir uns in einem Rüstungswettstreit befinden, aber Pjöngjang macht es schwer, die Situation zu beruhigen."