Athen will die Steuern senken
8. September 2019Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis will sein Land mit Privatisierungen, Staatsinvestitionen, Steuersenkungen und einem Abbau bürokratischer Hindernisse wieder auf Wachstumskurs bringen. "Griechenland schlägt eine neue Seite auf", sagte Mitsotakis in einer vom Fernsehen übertragenen Rede zur Eröffnung einer Handelsmesse in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki (Artikelbild). "Ohne Wachstum kann es keine Hoffung geben", fügte er hinzu.
Unter anderem sollen Bürger, die bis 10.000 Euro im Jahr verdienen, nicht wie bislang mit 22 Prozent, sondern mit nur neun Prozent besteuert werden, kündigte Mitsotakis an. Zudem soll die Unternehmensteuer von derzeit 28 auf 24 Prozent gesenkt werden.
Die Dividendensteuer soll auf fünf Prozent halbiert werden. Die Immobiliensteuer wurde bereits um durchschnittlich 22 Prozent gesenkt, sagte Mitsotakis. Zudem sollen Rentner Ende 2020 eine Sonderzahlung bekommen und die Belastungen für Selbstständige mittelfristig sinken. Der Premier hofft, dass die leidende Mittelschicht davon profitiert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
"Starke Glaubwürdigkeit erlangen"
Mitsotakis sagte zudem, sein Land werde in den Jahren 2019 und 2020 - wie mit seinen Geldgebern vereinbart - einen (primären) Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent erreichen. Für 2021 hingegen hoffe er auf ein Entgegenkommen, den Überschuss auf zwei Prozent abzuschmelzen. Athen werde bis dahin seine Kreditwürdigkeit unter Beweis gestellt haben, etwa durch eine Modernisierung des Staates und den Abbau von Bürokratie. "Griechenland ist nicht länger das schwarze Schaf Europas", sagte Mitsotakis. "Mit einer Welle mutiger Reformen werden wir starke Glaubwürdigkeit erlangen."
Mitsotakis und seine konservative Partei Nea Dimokratia (ND) hatten am 7. Juli die Parlamentswahl in Griechenland gewonnen und den linken Regierungschef Alexis Tsipras abgelöst. Mitsotakis hatte im Wahlkampf angekündigt, jeden Spielraum im Haushalt für Steuersenkungen zu nutzen.
Griechenland hatte 2010 wegen eines sehr hohen Haushaltsdefizits und einer am Boden liegenden Wirtschaft den Zugang zu den Kapitalmärkten verloren. Seitdem musste es mit Milliarden-Krediten gestützt werden. Die europäischen Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) forderten im Gegenzug dafür aber viele Reformen, vor allem in Verwaltung und Wirtschaft. Die Bürger mussten zahlreiche soziale Einschnitte hinnehmen.
Im Sommer 2018 endete das Hilfsprogramm. Das Land steht aber weiter unter Beobachtung, um sicherzustellen, dass es seine Haushaltsvorgaben einhält. Griechenland leidet noch immer unter der höchsten Arbeitslosenquote in der EU.
stu/nob (rtr, dpa)