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"Wir brauchen eure volle Unterstützung"

Berthold Stevens
3. November 2016

Die Deutsche Welle hat einen Brief der türkischen Autorin, Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Asli Erdogan aus der Haft erhalten. Darin richtet sie einen eindringlichen Appell an Journalisten weltweit. 

https://p.dw.com/p/2S561
Asli Erdogan
Bild: Imago

„Dieser Brief ist ein dringender Hilferuf! Die Situation ist drastisch und extrem besorgniserregend. Ich bin überzeugt, dass ein totalitäres Regime in der Türkei Auswirkungen auf ganz Europa haben wird. Europa unterschätzt die Gefahren des totalen Verlusts der Demokratie in der Türkei“, schreibt Asli Erdogan als Reaktion auf die jüngsten Verhaftungen von Journalisten in der Türkei. 

„Die türkische Regierung hat sich entschieden, alle Gesetze zu ignorieren“, heißt es in dem handschriftlichen Brief an die DW weiter. Die Regierung wolle „Realität und Wahrheit“ monopolisieren. „Jede Meinung, die auch nur ein bisschen von der der Herrschenden abweicht, wird gewaltsam unterdrückt“, so die inhaftierte Journalistin.

Während sich Europa auf die Flüchtlingskrise konzentriere, so Asli Erdogan, müssten „in der Türkei nun Schriftsteller, Journalisten, Kurden, Aleviten und Frauen den hohen Preis der Demokratiekrise zahlen“. Daher appelliert sie: „Europa muss Verantwortung übernehmen für die Werte, die es definiert hat, die Werte, die Europa ausmachen: Demokratie, Menschenrechte, freie Meinungsäußerung. Wir brauchen jetzt eure volle Solidarität und Unterstützung.“ 

Asli Erdogan, geboren 1967 in Istanbul, studierte Informatik und Physik an der Bosporus-Universität in Istanbul. Von 1991 bis 1993 arbeitete sie als Physikerin am CERN, der Europäischen Organisation für Kernforschung, in der Schweiz. Schon damals schrieb sie literarische Texte. 

1994 erschien ihr erster Roman „Kabuk Adam“. 2010 erhielt Asli Erdogan für ihren Roman „Tas Bin“ den Sait-Faik-Preis, den bedeutendsten Literaturpreis der Türkei.

Asli Erdogan ist Mitglied des PEN und der türkischen Schriftstellervereinigung. Als Kolumnistin und Beiratsmitglied der kurdischen Tageszeitung „Özgür Gündem“ wurde sie im August 2016 in Istanbul verhaftet. Den Brief an die Deutsche Welle schrieb sie am 1. November 2016 im Istanbuler Bakirköy-Gefängnis.