Asien Aufrüstung
18. März 2013Zwei Trends erregen im internationalen Waffenhandel Aufmerksamkeit: Zum ersten Mal haben die Militärausgaben Asiens im Jahr 2012 die der europäischen Staaten übertroffen. Außerdem hat sich erstmalig seit dem Kalten Krieg die Rangliste der fünf wichtigsten Waffenexporteure der Welt verändert: China hat Großbritannien von Platz fünf verdrängt.
"Die globale Verschiebung militärischer Macht schreitet fort", zu diesem Schluss kommt der Jahresbericht "Die militärische Balance" des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). Das Gewicht verschiebt sich eindeutig nach Asien, zeigt die jüngst (18.03.2013) publizierte Studie "Trends im internationalen Waffenhandel" des Stockholmer Instituts für Friedens- und Konfliktforschung (SIPRI). Die fünf größten Waffenimporteure der vergangenen fünf Jahre sind Indien, China, Pakistan, Südkorea und Singapur.
Konflikte und drohende Eskalation
Ein Grund für die steigenden Rüstungsausgaben in Asien sei, so Siemon Wezeman, Asienexperte von SIPRI, "die Vielzahl von Bedrohungen und territorialen Streitigkeiten in Asien. Asien ist unsicher." Er denke dabei an die alte Feindschaft von Indien und Pakistan, die immer schriller werdenden Drohungen aus Nordkorea und die Territorialkonflikte im Süd- und Ostchinesischen Meer.
Allerdings erhöhten die neu eingekauften Waffen keinesfalls die Sicherheit, merkt das IISS kritisch an. In dem am 14.03.2013 veröffentlichten Bericht heißt es: "Die Anschaffung fortgeschrittener militärischer Systeme in Ostasien, einer Region, der es an Sicherheitsmechanismen fehlt, erhöht das Risiko unbeabsichtigter Konflikte und Eskalationen."
Die Schwäche des Westens ist Asiens Stärke
Neben der unsicheren Lage sei auch die Wirtschaftslage entscheidend, sagt Wezeman: "Die wachsenden Wirtschaften machen den Kauf von Waffen erst möglich." Bei der Überrundung Europas seien allerdings nicht allein die größeren Investitionen in Asien, sondern auch der Rückgang der Militärausgaben in Europa entscheidend, schreibt das IISS. Der Trend der vergangenen Jahre, so das britische Forschungsinstitut weiter, setze sich damit fort: Nordamerika und Europa, deren Wirtschaften ins Schlingern geraten sind, reduzieren ihre Militärbudgets, während Asien mehr Geld für Waffen ausgibt.
In Zahlen bedeutet das, dass auf Asien (inklusive Australien) 19,9 Prozent der weltweiten Militärausgaben entfallen. Auf Europa entfallen 17,6 und auf Nordamerika 42,0 Prozent.
China als neue Nummer fünf
Der Aufstieg Chinas zum fünftgrößten Waffenexporteur der Welt (mit einem Anteil von fünf Prozent am weltweiten Waffenhandel, der immer noch von den USA und Russland dominiert wird), hat seinen Hauptgrund in pakistanischen Waffenkäufen. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) aller chinesischen Exporte gehen in das südasiatische Land. Da die Länder Asiens mit Ausnahme Chinas über keine nennenswerte Rüstungsindustrie verfügen, seien sie auf den Import von Waffen angewiesen, erklärt SIPRI-Experte Wezeman. Indien, das vor allem in Russland einkauft, hat in den vergangenen fünf Jahren mehr Waffen importiert als jedes andere Land der Welt.
Der pakistanische Brigadier a.D. Farooq Hameed Khan begründet die Waffenkäufe Pakistans daher mit Blick auf den Erzrivalen Indien: "Indien bleibt eine permanente Bedrohung für Pakistan." China habe die USA als Pakistans wichtigsten Partner in der Rüstung abgelöst. Ein Hauptgrund für diesen strategischen Wechsel ist, dass Pakistan die USA für einen unzuverlässigen Partner hält", so der ehemalige Brigadegeneral weiter.
"China wiederum habe ein Interesse daran, Pakistan mit Waffen auszustatten, "um Indien in Schach zu halten", meint Wezeman, und "um einen Partner zu haben, der China einen Zugang zur strategisch wichtigen Golfregion eröffnet."
Modernisierung und Expansion
"Die Länder modernisieren nicht nur, sondern sie bauen ihre Streitkräfte in vielen Fällen auch aus", sagt der Rüstungsexperte Wezeman und fährt fort: "Mit Nachdruck werden Luftwaffe und Marine ausgerüstet." Insbesondere China nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. "Chinas Kapazitäten, selbstständig fortgeschrittene Militärtechnologien zu entwickeln, transformiert die Volksbefreiungsarmee Stück für Stück", so das Internationale Institut für Strategische Studien. Als Beispiel nennt dessen Report nicht nur den ersten Flugzeugträger der Volksrepublik China, dessen operationelle Möglichkeiten allerdings noch arg beschränkt seien, sondern auch die Entwicklung neuer Zerstörer vom Typ 052D, die vermutlich Chinas Kapazitäten in der See-Luft-Kriegsführung erhöhen sollen. Das zeige, wie schnell China aufhole, und dass es vor allem seine Seestreitkräfte modernisiere.
SIPRI weist allerdings darauf hin, "dass neue chinesische Waffensysteme nach wie vor zu einem großen Teil auf ausländische Komponenten angewiesen bleiben." Der chinesische Flugzeugträger etwa basiere auf einem ukrainischen Modell und die wichtigsten chinesischen Kampfflugzeuge, die J-10 und J-11, nutzten nach wie vor Komponenten der russischen AL-31FN Motoren.
Von der immer moderner werdenden Rüstungsindustrie Chinas profitiert unter anderem Pakistan, da sich die USA weigern, ihren Verbündeten in ihre technologischen Geheimnisse einzuweihen. Der ehemalige Brigadier Khan etwa bedauert, dass die USA ihre Drohnentechnologie nicht mit Pakistan teilen wollten. Er zeigt sich aber sicher: China wird diese Lücke ausfüllen.