Asien-Cup-Titel als Zugabe
30. Januar 2015Bisher lief für Uli Stielike und seine Südkoreaner beim Asien-Cup alles wie am Schnürchen. Fünf Spiele, fünf Siege, kein Gegentor. Klar, dass die Koreaner am Samstag als Favorit ins Finale in Sydney gegen Gastgeber Australien gehen. Trainer Stielike versucht, den Ball flach zu halten. "Als wir hier nach Australien kamen, habe ich gesagt, ich will ein besseres Ergebnis einfahren als beim letzten Asien-Cup, als wir Dritter wurden", sagte der 60 Jahre alte Deutsche. Dieses Ziel sei erreicht, daher könne seine Mannschaft im Endspiel ohne Druck aufspielen. "Alles was jetzt noch kommt, ist pure Zugabe."
Stielike: "Wir müssen noch besser werden“
Im letzten Spiel ihrer Vorrundengruppe hatten die Südkoreaner den kommenden Endspielgegner Australien mit 1:0 besiegt. Ein Muster ohne Wert, befand Stielike: "Wir sind realistisch, das war nicht die beste australische Mannschaft." Er halte die "Socceroos" für das beste Team des Turniers, sagte Stielike und fügte mit einem schelmischen Grinsen hinzu: "Aber ich dachte auch, dass der Schweizer Tennisprofi Roger Federer das Finale der Australian Open in Melbourne erreichen würde, und er ist ausgeschieden. Also warten wir ab, was passiert." Bei seiner eigenen Mannschaft sieht er noch Defizite, vor allem im technischen Bereich. "Wenn wir das Finale gewinnen wollen, müssen wir uns weiter verbessern."
Stielike gilt als Perfektionist. Ohne Zweifel hat er das südkoreanische Team, zu dessen Stützen die Bundesliga-Spieler Heung-Min Son (Bayer 04 Leverkusen), Joo-Ho Park (FSV Mainz 05) und Jin-Su Kim (1899 Hoffenheim) zählen, nach vorne gebracht. Nach dem enttäuschenden Vorrunden-K.o. bei der WM 2014 in Brasilien als Gruppenletzter war Südkoreas Nationaltrainer Myung-Bo Hong zurückgetreten. Stielike übernahm und kann die erste Finalteilnahme des Landes beim Asien-Cup seit 27 Jahren schon jetzt als Erfolg verbuchen. Der letzte Titelgewinn liegt sogar 55 Jahre zurück. Stielikes Vertrag läuft noch bis 2018, anschließend will er seine Trainer-Karriere beenden.
Fast-Bundestrainer
Stielike nennt als sein großes Vorbild Hennes Weisweiler. Der legendäre Trainer war es, der den jungen Spieler Stielike 1973 zu Borussia Mönchengladbach holte. Mit den Gladbachern feierte der Abwehr- und Mittelfeldspieler drei Meisterschaften. Später spielte Stielike acht Jahre lang für Real Madrid, auch dort holte er dreimal den Meistertitel, ehe er seine Karriere bei Xamax Neuchatel in der Schweiz ausklingen ließ. Als Nationalspieler wurde Stielike 1980 Europameister und 1982 Vizeweltmeister.
1988 hing er die Fußballschuhe an den Nagel und wurde ein Jahr später - kurioserweise nur wenige Tage nach seinem offiziellen Abschiedsspiel - für zwei Jahre Schweizer Nationaltrainer. Acht Jahre lang gehörte Stielike zum Trainerstab des Deutschen Fußball-Bundes. 1998, nach dem Rücktritt von Berti Vogts, wurde er sogar kurzzeitig als Bundestrainer gehandelt. Doch er wurde nur "Teamchef" an der Seite von Erich Ribbeck und betreute später mehrere Junioren-Auswahlteams. Nach dem Abschied vom DFB arbeitete Stielike auch als Nationaltrainer der Elfenbeinküste. Zehn Tage vor Beginn des Afrika-Cups 2008 legte Stielike den Posten nieder, um seinem todkranken Sohn beizustehen. Der 23-Jährige starb wenige Wochen später an einer Lungenkrankheit. "Man kann mir heute, mit welchem Druck auch immer, keine Angst mehr einflößen", sagt Stielike mit Blick auf diesen Schicksalsschlag. Auch das Finale des Asien-Cups wird daran nichts ändern.