Aserbaidschaner wählen neues Parlament
9. Februar 2020Begleitet von Betrugsvorwürfen seitens der Opposition und dem Wahlboykott mehrerer Parteien waren die Bürgerinnen und Bürger in Aserbaidschan aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Um die 125 Sitze im Einkammerparlament bewarben sich 1300 Kandidaten von 19 Parteien. Allgemein wurde damit gerechnet, dass die Partei des seit 2003 mit harter Hand regierenden Präsidenten Ilham Alijew (Artikelbild) ihre Mehrheit halten wird.
Ursprünglich war die Parlamentswahl für November vorgesehen, doch Anfang Dezember votierte das Parlament überraschend für seine Selbstauflösung, und Alijew setzte Neuwahlen an. Zuvor waren der Ministerpräsident ersetzt und mehrere Vertreter von Regierung sowie Präsidialadministration entlassen worden. Kritiker und Experten vermuten, Alijew gehe es in erster Linie um seinen Machterhalt: Angesichts einer wachsenden Unzufriedenheit über den wirtschaftlichen Abschwung in der einstigen Sowjetrepublik wolle er das Image der Regierung verbessern, indem er Vertreter der alten korrupten Elite durch jüngere, ihm loyal ergebene Technokraten ersetze.
"Freie, faire und demokratische Wahlen" versprach Alijews Partei Neues Aserbaidschan. Gleichzeitig beklagt die Opposition massive Einschränkungen ihres Wahlkampfs und spricht von einer Farce. Sie kritisieren zahlreiche Betrugsversuche wie undurchsichtige Urnen, Wählerlisten mit den Namen von bereits Verstorbenen sowie Einschüchterungen von Wahlbeobachtern.
OSZE kritisiert undurchsichtige Vorgänge
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsandte 350 Wahlbeobachter. Doch seit Ilham Alijews Amtsantritt nach dem Tod seines Vaters, des ehemaligen KGB-Generals Hejdar Alijew, hat die OSZE-Mission noch keine einzige Wahl in Aserbaidschan als frei und demokratisch anerkannt.
Unter dem inzwischen 58-jährigen Alijew stand Aserbaidschan immer wieder international wegen der Unterdrückung unabhängiger Medien und der Verfolgung politischer Gegner in der Kritik. Viele der neun Millionen Aserbaidschaner aber hielten ihrem autoritär regierenden Staatschef lange Zeit zugute, das Land mit Hilfe seines Ölreichtums in einen modernen unabhängigen Staat verwandelt zu haben.
Doch sinkende Öleinnahmen lösten 2015 eine Finanz- und Wirtschaftskrise aus, die Landeswährung verlor die Hälfte ihres Werts, die Inflation lag im zweistelligen Bereich, und das Land rutschte in die Rezession. Inzwischen hat sich die Lage wieder stabilisiert, doch bleibt das Wachstum weiterhin bescheiden.
Alijew aber will laut Opposition nicht nur sich an der Macht halten, sondern seine Familie: Seine Frau Mehriban ernannte er im Februar 2017 zur Ersten Vize-Präsidentin, ihr gemeinsamer Sohn Heijdar wird jetzt schon als Alijews Nachfolger gehandelt.
sam/cw (afp, dpa)