Armenien wählt neues Parlament
2. April 2017In der früheren Sowjetrepublik Armenien wählen die Bürger ein neues Parlament. Die von 250 Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überprüften Wahllokale öffneten am frühen Morgen. Insgesamt fünf Parteien und vier Wahlbündnisse bewerben sich um die 101 Sitze im Parlament. Rund 2,5 Millionen Menschen sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Der Urnengang wird vom Westen als Demokratietest betrachtet.
Im Vorfeld hatten ausländische Beobachter und Oppositionspolitiker Bedenken hinsichtlich der Einhaltung demokratischer Standards geäußert. Die EU-Vertretung in der Hauptstadt Eriwan zeigte sich in einer Erklärung besorgt wegen Berichten über "Wählereinschüchterung, Stimmenkauf und über systematischen Einsatz von Staatsressourcen zur Unterstützung bestimmter Parteien".
Die Oppositionsallianz um den Geschäftsmann Gagik Zarukian wirft dem langjährigen prorussischen und republikanischen Präsidenten Sersch Sargsjan die Vorbereitung von Wahlbetrug in großem Maßstab vor.
Wahlen nach Verfassungsreform
Unter Protest der Opposition hatte die Kaukasus-Republik Armenien im Dezember 2015 den Wechsel von einem Präsidialsystem zu einem parlamentarischen System beschlossen. Die Abstimmung an diesem Sonntag ist die erste Parlamentswahl seit der von Sargsjan durchgesetzten Verfassungsreform. Dadurch wird die Regierung von der Mehrheit im Parlament bestimmt und hat zentrale Befugnisse wie den Oberbefehl über die Streitkräfte. Die Reform sieht auch vor, dass die Exekutivmacht nach dem Ende von Sarkisians Amtszeit 2018 vom Präsidenten auf den Regierungschef übergeht. Die Opposition wirft Sarkisian vor, sich damit die Macht wahren zu wollen, da die Verfassung ihm eine dritte Amtszeit als Präsident verwehrt. Sie befürchten, dass er dann das Amt des Regierungschefs übernimmt. Dies hatte der 62-Jährige aber mehrfach dementiert.
Wirtschaftliche Abhängigkeit von Russland
Wirtschaftlich hängt der Agrarstaat Armenien stark von Russland ab und erhält billiges Gas. Die Ex-Sowjetrepublik ist Mitglied der von Moskau dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion. Die Führung in Eriwan sucht aber auch eine enge Zusammenarbeit mit der EU. Armenien ist Mitglied im EU-Programm der Östlichen Partnerschaft. Überlebenswichtig ist für Armenien die militärische Hilfe der Schutzmacht Russland. Mit Nachbar Aserbaidschan führt es seit Jahren einen blutigen Konflikt um das Gebiet Berg-Karabach. Die überwiegend von Armeniern bewohnte Region hatte sich von Aserbaidschan losgesagt.
Vorläufige Ergebnisse der Wahlen werden am Montag erwartet.
as/qu (afp, dpa, rtre, ape)