Argentinischer Peso: Nur keine Panik!
7. Mai 2018Die jüngste Aufwertung des Dollars nach der Anhebung der Zinsen in den USA hat gravierende Auswirkungen auf Argentinien. Im Mai schrillten die Alarmglocken, als die Landeswährung um 8,62 Prozent an Wert verlor und der Dollar bei 23,30 argentinischen Pesos gehandelt wurde – deutlich über dem Wechselkurs der vorangegangenen Woche (20,80 Pesos). Nur der massive Verkauf von Dollars durch die Argentinischen Zentralbank (BCRA), drei Zinserhöhungen - von 27,25 auf 40 Prozent - und eine Anpassung der öffentlichen Ausgaben zur Verringerung des Haushaltsdefizits waren in der Lage, die Kurse noch vor dem Ende des Börsentages am Freitag zu stabilisieren.
Am Montagmorgen konnte der argentinische Peso seinen Wert vom Freitag behaupten. In der argentinischen Bevölkerung macht sich jedoch Besorgnis breit. Laut einer Umfrage der Agentur M&F die am Montag von der Tageszeitung Clarín veröffentlicht wurde, fiel das Vertrauen der Bürger in die heimische Wirtschaft um 1,4 Prozentpunkte auf derzeit 33,6 Prozent, das Vertrauen in die Politik fiel auf 36,4 Prozent. Viele Argentinier bezweifeln, dass die von Präsident Mauricio Macri ergriffenen Maßnahmen den Peso dauerhaft stabilisieren können, so die Volatilität der Wechselkurse verringern und den negativen Auswirkungen auf alle Bereiche der argentinischen Gesellschaft ein Ende setzen.
"Die Preise sind in astronomischen Höhen. Niemand weiß, wohin das noch führen wird", beschwert sich eine Verwaltungsangestellte aus Buenos Aires gegenüber der Nachrichtenagentur EFE. Ein anderer Argentinier fühlt sich an die Zeit des ehemaligen Präsidenten Raúl Alfonsin (1983-1989) erinnert: "Damals stieg der Dollar an, dann die Inflation. Am Ende musste Alfonsin zurücktreten." Ganz Pessimistische erinnern an die Finanzkrise von 2001, als den Argentiniern sogar der Zugang zu ihren Spareinlagen eingeschränkt wurde. Experten der Freien Universität Berlin halten diese Panik aber für unbegründet.
Unterschiedlicher Kontext
"Es ist verständlich, dass diese Situation besonders diejenigen verschreckt, die keine Dollars auf dem Konto haben, oder auch diejenigen die als Importeure von den Einfuhren leben. Aber Argentinien befindet sich nicht in einer Situation die mit der historischen Wechselkurs-Krise aus dem Jahr 2001 vergleichbar wäre", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Alejandro Márquez Velázquez.
"Der Kontext ist unterschiedlich. Argentinien hat immer noch Verpflichtungen zu erfüllen, ist aber weit von der Zahlungsunfähigkeit der vergangenen Dekade entfernt. Argentinien ist kein hoffnungsloser Fall wie damals, als der internationale Währungsfond beschloss, die Verhandlungen mit Buenos Aires auszusetzen. Der Vergleich mit der Situation von 2001 eine Übertreibung", sagt Barbara Fritz, Professorin für Volkswirtschaft an der Freien Universität Berlin.
"Ja, der argentinische Peso ist eine instabile Währung. Seine Notierung am Markt ist starken Schwankungen unterworfen, aber das ist nichts Neues. Die Finanzlage Argentiniens ist sehr anfällig für externe Faktoren", fügt Fritz hinzu. "Die internationale Kapitalzufuhr nach Argentinien ist nicht besonders hoch. Es sind keine massiven ausländischen Investitionen zu verzeichnen.", erklärt die Berliner Professorin. Auch ihr Kollege Márquez Velázquez zeigt sich nicht überrascht. Seiner Ansicht nach begeht Macri einen "klassischen lateinamerikanischen Irrtum", wenn er versucht, die Inflation über die Wechselkurse zu bekämpfen.
"Kinderkrankheit"
Andere Beobachter sehen die jüngsten Turbulenzen in Argentinien als natürliche Folge des "Comebacks" der US-amerikanischen Währung auf den Devisenmärkten. Der Dollar hat sich nach einem Jahr der Schwäche wieder zum Liebling der Anleger entwickelt. Kann die Abwertung des argentinischen Peso der Vorbote für die Abwertung weiterer Währungen in Brasilien, Chile, Kolumbien, Mexiko oder Peru sein? "Es ist empirisch erwiesen, dass Zinsschwankungen in den USA und der Wert des Dollars gegenüber anderen starken Währungen einen enormen Einfluss auf Schwellenländer haben", sagt Barbara Fritz.
Die Auswirkungen der jüngsten Wirtschaftsreformen in Argentinien sind noch frisch. Andere südamerikanische Länder haben ihre Geldpolitik und flexible Wechselkurse schon in den Neunziger oder frühen 2000er Jahren angepasst. Diese Veränderungen führen meist zu Anfangsschwierigkeiten. "Was wir gerade in Argentinien erleben, könnten einfach die Kinderkrankheit sein, die typisch ist für junge Reformen", meint Márquez Velázquez.