Antisemitismus-Streit in Ungarn
11. März 2004Anzeige
Aus Protest gegen antisemitische Äußerungen eines führenden Mitglieds des ungarischen Schriftstellerverbands sind 84 namhafte ungarische Schriftsteller aus dem Verband ausgetreten, darunter in Deutschland prominente Autoren wie Peter Esterhazy, Peter Nadas und der frühere Präsident der Berliner Akademie der Künste, György Konrad. Das berichteten ungarische Medien am Donnerstag.
Der Autor Kornel Döbrentei hat sich mehrfach antisemitisch geäußert, zuletzt bei einer rechten Massenkundgebung in Budapest im Januar, bei der Rechtsradikale eine israelische Fahne auf offener Straße verbrannt hatten. Döbrentei rief dabei zum Protest gegen den "moralischen Holocaust gegen das ungarische Volk" auf. Mit Bezug auf Juden sagte er: "Eine Minderheit will sogar ihre mitgebrachte Kultur, sogar ihre materiellen, politischen Absichten und Bestrebungen einem Volk mit Gewalt aufdrängen." Ein halbes Jahr zuvor hatte Döbrentei in einem Rundfunkinterview gesagt, die während der Nazi-Zeit in Ungarn geltenden Rassengesetze seien zur "Rettung" der Juden gedacht gewesen.
Antisemitismus spaltet Ungarns Öffentlichkeit seit der Wende 1989. Hunderttausende ungarische Juden - ihre Zahl ist noch nicht endgültig ermittelt - wurden von den Nazis ermordet. Derzeit leben etwa 100.000 Juden in Ungarn, die meisten davon in Budapest, wo sie eine der größten jüdischen Gemeinden in Europa bilden.
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