"Juden sollen in Deutschland bleiben"
12. Oktober 2019Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, appelliert an alle Juden in Deutschland, im Land zu bleiben. "Der Anschlag von Halle sollte nicht Auslöser dafür sein, dass wir über die Abwanderung von Juden sprechen müssen", sagte er dem "Mannheimer Morgen". Es gebe Juden in Deutschland, die ernsthaft überlegten, das Land zu verlassen, so Klein weiter: "Das finde ich alarmierend." Wenn Juden gingen, sei das die falsche Antwort, denn "dann bekommen die Täter ja Recht, dann erreichen sie ihr Ziel. Deswegen ist das Signal wichtig: Wir lassen uns nicht einschüchtern. Das ist die beste Antwort."
Der Regierungsbeauftragte ergänzte, es sei "doch ein Wunder, dass wir überhaupt wieder jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 haben". Zugleich beklagte er, dass das Bewusstsein dafür vielen abhanden gekommen sei.
Klein rief zugleich alle Bürger auf, Synagogen, jüdische Kulturtage oder jüdische Restaurants zu besuchen. "Jüdisches Leben ist Teil unserer gesellschaftlichen Vielfalt. Das können wir alle noch viel stärker leben." Er fügte hinzu: "Wagen wir es doch mal, eine Kippa zu tragen. Das wäre ein Zeichen von Empathie."
Sechs rechtsextreme Gruppierungen im Visier
Das Bundesinnenministerium prüft nach Angaben von Ressortchef Horst Seehofer Verbote von sechs rechtsextremen Gruppierungen. Wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, werde man auch handeln, sagte der CSU-Minister der ZDF-Sendung "Was nun?" und in den ARD-"Tagesthemen". "Sie sollen wissen, dass wir in sechs Fällen Verbote mit Hochdruck bearbeiten."
Gleichzeitig bezeichnete Seehofer die Bedrohungslage durch rechten Terror nochmals als äußerst hoch. Mit weiteren Anschlägen müsse jederzeit gerechnet werden. Von insgesamt 24.000 Rechtsextremisten in Deutschland schätzt das Bundesinnenministerium etwa die Hälfte als potenziell gewaltbereit ein, wie Seehofer weiter erläuterte.
Der Minister forderte, den vielen Worten der Betroffenheit und Solidarität müssten Taten folgen: "Es ist unsere verdammte Pflicht, das 'Nie wieder' in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen."
Das beginne bei der besseren und "dauerhaften" Sicherung von Synagogen und gehe weiter bei "Maßnahmen im Internet, um all diese Strafbarkeiten und Hassparolen zu verhindern". Hier müsse die Sicherheit der Bevölkerung im Zweifel höher bewertet werden als die Warnungen vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Darüber hinaus müsse man das Bundeskriminalamt BKA und das Bundesamt für Verfassungsschutz "massiv personell und organisatorisch aufstocken".
se/lh (kna, dpa, afp, ard)