In Brüssel treffen sich die Geber für den Sahel
22. Februar 2018In die Terrorbekämpfung soll endlich Tempo kommen: Nur drei Stunden wollen die Staats- und Regierungschefs bei der Sahel-Geberkonferenz in Brüssel an diesem Freitag beraten. "Die Lage ist ernst", hatte Burkina Fasos Staatspräsident Roch Marc Christian Kaboré schon auf der Münchener Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende gedrängt. "Im Sahel gibt es riesige Gebiete und lange, poröse Grenzen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen. Davon profitieren Terrorgruppen und das organisierte Verbrechen."
In der Region brodelt es seit 2012, als Islamisten große Teile Malis überrannten. Französische Soldaten drängten sie wieder zurück. Seit 2013 sind UN-Blauhelme im Land, trotzdem verüben Rebellen immer wieder Anschläge. Inzwischen haben sie sich auch in die Nachbarländer Burkina Faso und Niger ausgebreitet. Internationale Kartelle nutzen die Region für den Drogenschmuggel nach Europa.
Merkel mahnt zur Eile
Mit 5.000 Soldaten wollen die sogenannten G5-Staaten Burkina Faso, Mali, Mauretanien, Niger und Tschad dagegenhalten. Die Idee dafür existiert schon seit 2015. Bis Mitte dieses Jahres soll die Armee einsatzbereit sein. Das könnte aber schwierig werden: Bisher haben die Mitgliedsländer nur ein Hauptquartier und eine gemeinsame Kommando-Struktur geschaffen. An Ausrüstung und Ausbildung fehlt es noch.
Europa geht das zu langsam. "Der islamische Terrorismus breitet sich aus. Wir können nicht warten, sondern wir müssen möglichst schnell beginnen, diesen Kampf zu führen", sagte Bundeskanzlerin Merkel bereits nach einem Spitzentreffen mit den Sahel-Staaten im vergangenen Dezember.
Vor allem Frankreich und Deutschland hoffen, dass die G5-Truppe ihre Soldaten in der Region entlasten kann. Deutschland beteiligt sich mit bis zu 1000 Soldaten an der Friedensmission in Mali, dem gefährlichsten UN-Einsatz weltweit.
G5 appellieren an die internationale Gemeinschaft
"Wir reden hier über eine gemeinsame Truppe. Es braucht Zeit, um die richtigen Strukturen zu schaffen und die nötige Ausrüstung zusammenzubekommen", verteidigte Burkinas Staatschef Kaboré die Verzögerungen. Die Länder aus der Region wollen vor allem mehr Unterstützung für die Eingreiftruppe aushandeln.
"Die G5 sollten internationale Unterstützung erhalten, denn die Lage bedroht auch den Frieden und die Sicherheit der Welt", sagte der Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union, Moussa Faki, der selbst aus dem Tschad kommt, in München. Rund 283 Millionen Euro haben die Geber - darunter Saudi-Arabien, die Europäische Union und die USA - schon zugesagt. Die betroffenen Länder wollen rund 50 Millionen Euro beisteuern.
Sicherheitslage verschlechtert sich
Die Sicherheitslage in der Sahel-Region verschlechtert sich unterdessen. In den vergangenen Wochen starben 36 Menschen, als ihre Fahrzeuge auf Landminen fuhren. Anfang Februar teilte der Chef des französischen Militärgeheimdienstes mit, die Zahl islamistischer Angriffe in Mali nehme zu. Die Angriffe seien "etwas tödlicher als zuvor, weil die Angreifer ihre Methoden verbessert haben", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.
"Wenn eine Landmine ein Fahrzeug in zwei Hälften teilt, als ob es ein Laib Brot wäre, dann können wir nicht mehr von selbstgebauten Sprengsätzen sprechen", warnte ein europäischer Sicherheitsberater. Wenn die Angriffe weiter zunehmen, könnte das die Präsidenten- und Parlamentswahlen gefährden, die dieses Jahr in Mali stattfinden sollen.
Ohne Entwicklung geht es nicht
Doch Kritiker glauben nicht, dass die geplante G5-Truppe dem etwas entgegensetzen kann. Als Islamisten 2012 weite Teile Malis besetzen, leistete die Armee kaum Gegenwehr. Erst im Januar desertierten 36 Soldaten. Ein Unteroffizier wurde festgenommen, nachdem er sich öffentlich über die Inkompetenz der militärischen Führung beschwert hatte.
Für die Regierungen in der Region ist unterdessen klar, dass die geplante G5-Truppe allein nicht ausreicht. Organisierte Kriminalität und Islamisten finden im bettelarmen Sahel problemlos Anhänger, die sie rekrutieren können. Die Gewalt hat die Lage sogar noch verschärft: Mehr als fünf Millionen Menschen sind bislang vertrieben worden, mehr als eine Million in andere Länder geflohen. "Die Militäraktionen werden nur funktionieren, wenn wir die Region auch entwickeln", sagte Malis Außenminister Tiéman Coulibaly in München.
Mitarbeit: Matthias von Hein