Kampagne der Serie A "gründlich misslungen"
17. Dezember 2019"Kunst kann mächtig sein, aber wir sind absolut nicht damit einverstanden, dass Affen als Bilder im Kampf gegen den Rassismus verwendet werden", twittert der italienische Traditionsverein AC Mailand und schießt gegen die Verantwortlichen der Serie A. Man sei überrascht gewesen von dem "Fehlen jeglicher Absprache" - wohl umso mehr, als der Liga-Verband seinen Sitz in Mailand hat. Der Chef der Serie A, Luigi de Siervo, hatte am Montag die neue Anti-Rassismus-Kampagne der Liga vorgestellt und damit in den sozialen Netzwerken einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Ausgerechnet mit einem Kunstwerk, das drei Affen zeigt, will die Serie A gegen den Rassismus auf den Rängen vorgehen. Seit Jahren werden im italienischen Fußball immer wieder dunkelhäutige Spieler mit Affenlauten beleidigt. Nicht nur der AC Mailand, auch die AS Rom zeigte sich auf Twitter "sehr überrascht" über die Kampagne der Serie A: "Wir verstehen, dass die Liga gegen Rassismus vorgehen will, aber wir glauben nicht, dass dies der richtige Weg ist."
"Gründlich misslungen"
Das ist auch der Tenor internationaler Rassismus-Experten. "Mal unterstellt, dass der Künstler mit der Wahl des Bildmotivs etwas Positives bewirken und auf die offensichtliche Problematik rassistischer Vorfälle im italienischen Fußball aufmerksam machen wollte, ist ihm dies aufgrund der zurecht heftigen Gegenreaktion gründlich misslungen", sagt Gerd Wagner, Rassismus-Experte der "Koordinationstelle Fanprojekte" in Frankfurt am Main, der DW. Das Beispiel zeige, "dass gut gemeinte Aktionen und Initiativen oftmals nicht den erwünschten Effekt haben. Man muss die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit einzelner eingeleiteter Maßnahmen kritisch hinterfragen. Kampagnen sind nur dann glaubwürdig, wenn sie Teil eines kontinuierlichen Konzeptes sind, wenn sie mit den Fans und Faninitiativen zusammen entwickelt oder zumindest von den Fans getragen werden." Andernfalls würden sie eher als "übergestülpte Maßnahmen" wahrgenommen", sagt Wagner.
Auch die in England ansässige Organisation "Kick it out", die seit 25 Jahren gegen Rassismus im Fußball kämpft, erkennt den guten Willen der Serie A durchaus an. Es sei grundsätzlich "ermutigend, wenn ein Leitungsgremium erkennt, dass es mehr tun muss, um gegen Diskriminierung vorzugehen", teilt die Organisation auf DW-Anfrage mit. Doch "leider ist der Einsatz von Affen in der Anti-Rassismus-Kampagne der Serie A völlig unangemessen, untergräbt jede positive Absicht und wird kontraproduktiv sein", so "Kick it out": "Wir hoffen, dass die Liga ihre Kampagnengrafiken überprüft und ersetzt."
"Teufelskreis, der sich selbst verstärkt"
Piara Powar, Vorstandschef der ebenfalls in England ansässigen Organisation "FARE" (Football Against Racism in Europe) sagt der DW, man könne die Serie A im Kampf gegen Rassismus nicht mehr ernst nehmen: "Wir wissen, dass einige Spieler, einige Sponsoren und immer mehr Fans und Fernsehzuschauer die Serie A bereits aufgegeben haben." Die Affen-Plakataktion sei ein "schlechter Scherz" und werde die Situation in Italien eher verschärfen, weil eine wirkliche Kampagne, echtes Engagement und richtige Erziehung weiter fehlten. "Es ist ein Teufelskreis, der sich selbst verstärkt", sagt Powar. "Und es gibt keine internationalen Konsequenzen, niemanden, der sie zur Verantwortung zieht."
De Siervo rudert zurück
Ligachef de Siervo machte inzwischen eine Rolle rückwärts. Zunächst hatte er über den Verband erklären lassen: "Wahre Kunst ist Provokation."Die Idee hinter dem Kunstwerk sei, dass "wer auch immer rassistische Gesänge herausbrüllt, zu seinem primitiven Affenstatus zurückkehrt". Später entschuldigte er sich "aufrichtig für das Kunstwerk, das gestern präsentiert wurde. Mir wurde klar, dass es unangemessen war", so de Siervo gegenüber der DW: "Was nicht in Frage gestellt werden kann, ist die scharfe und ständige Verurteilung aller Formen von Diskriminierung und Rassismus durch die Serie A. Und wir sind entschlossen, dies aus unserer geliebten Liga zu verbannen."
De Siervo hatte kürzlich für Schlagzeilen gesorgt, als die Zeitung "La Repubblica" einen Audio-Mitschnitt eines Treffens mit hochrangigen Mitgliedern der Serie A veröffentlicht hatte. Dabei hatte der Ligachef vorgeschlagen, die Mikrofone im Stadion abzuschalten, damit Affenlaute nicht mehr im Fernsehen zu hören wären.