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Netrebko und deutsches Management trennen sich

Torsten Landsberg
22. März 2022

Wohl wegen ihrer Nähe zum Kreml trennt sich ihre deutsche Agentur von Anna Netrebko. Dabei hatte die Sopranistin 2014 schon die Krim-Annexion befürwortet.

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Anna Netrebko trägt einen Turban und winkt.
Zieht sich vorläufig von den Opernbühnen zurück: die Sopranistin Anna NetrebkoBild: Alexander Demianchuk/TASS/dpa/picture alliance

Der russische Opernstar Anna Netrebko und ihr deutsches Management haben ihre Zusammenarbeit beendet. Die Agentur Centre Stage bestätigte am Dienstag (22. März 2022) auf DW-Anfrage entsprechende Medienberichte. Zu den Gründen machte das Management keine Angaben. Der Bayerische Rundfunk berichtete, der Schritt sei von der Agentur ausgegangen.

Das Center Stage Artist Management ist ein Tochterunternehmen der Universal Music Group, die bereits am 9. März mitgeteilt hatte, ihre Geschäfte in Russland aus Protest gegen die russische Invasion in die Ukraine einzustellen. Auch die Plattenfirma Deutsche Grammophon, bei der Netrebko unter Vertrag steht, ist eine Universal-Tochter.

Posieren mit Separatisten-Flagge

Die Nähe der Sopranistin zum Kreml ist kein Geheimnis. 2021 feierte Netrebko dort ihren 50. Geburtstag, ein Kreml-Sprecher überbrachte damals Glückwünsche des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der wegen der Corona-Pandemie nicht selbst an der Gala teilnahm. Netrebko, die am 18. September 1971 in Krasnodar im Süden Russlands auf die Welt kam, unterstützte in der Vergangenheit auch Wahlkämpfe Putins.

Wladimir Putin beklatscht Anna Netrebko.
Wladimir Putin und Anna Netrebko im Jahr 2008Bild: Vladimir Rodionov/epa/picture-alliance

Nach der russischen Annexion der Krim 2014 posierte Netrebko neben einem Separatistenführer aus der Ostukraine, hielt dabei die Flagge der Separatisten hoch und überbrachte einen Scheck.

Fragwürdiger Zeitpunkt

Der Ausschluss von Künstlerinnen und Künstlern, die sich nicht von Putins Politik distanzieren, ist umstritten. Wenigstens der Zeitpunkt der Konsequenzen kann hinterfragt werden, gerade weil Netrebkos Nähe zum russischen Staatspräsidenten schon vor dem Ukraine-Krieg bekannt war - ebenso wie die des Dirigenten Valery Gergiev.

Damit erreicht ein Vorwurf die Kulturszene, mit dem sich auch die Wirtschaft und die Politik konfrontiert sehen: Dort wurde lange über Putins Menschenrechtsverletzungen und die Annexion der Krim hinweggesehen, weil die Geschäfte gut liefen.

Anna Netrebko hatte bereits angekündigt, bis auf Weiteres nicht auftreten zu wollen. Vorausgegangen waren zahlreiche Absagen geplanter Auftritte durch internationale Konzerthäuser.

Auftritte nur verschoben

Unter anderem die Metropolitan Opera in New York und die Berliner Staatsoper hatten Netrebko aufgefordert, sich vom russischen Präsidenten und dessen völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine zu distanzieren. Dem war die Künstlerin nicht nachgekommen.

Künstler senden klare Botschaft zum Krieg in der Ukraine

Manche Häuser trafen lediglich vorläufige Entscheidungen. Die Alte Oper Frankfurt etwa sagte einen ursprünglich für den 2. Juni 2022 angekündigten Auftritt Netrebkos nicht ab, sondern verschob ihn lediglich auf Januar 2023.

Netrebko hatte auf ihrem Instagram-Kanal mitgeteilt, keine politische Person zu sein und angemahnt, öffentliche Personen sollten nicht gezwungen werden, "ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen". Inzwischen beschränkte die Opernsängerin den Zugang zu ihrem Account.

Offener Brief gegen pauschalen Kulturboykott

Derweil verurteilen mehr als 100 internationale Künstlerinnen und Künstler wie Sir Simon Rattle, Sasha Waltz und Serge Dorny in einem offenen Brief den Angriff Russlands auf die Ukraine. "Das Bombardieren und Angreifen von zivilen Objekten wie Krankenhäusern, Schulen, Theatern, Universitäten, Bibliotheken oder Kirchen sind Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die ausnahmslos und unmissverständlich verurteilt werden müssen", heißt es in dem Appell, der von dem russischen Dirigenten Vladimir Jurowski, Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper München und Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, initiiert wurde. "Viele Künstler, Musiker, Komponisten und Theaterschaffende in der Ukraine, unsere Kolleginnen und Kollegen, werden durch den Krieg der Möglichkeit beraubt, ihre Kunst frei auszuüben."

Gleichzeitig sprachen sich die Unterzeichner jedoch entschieden gegen einen pauschalen Kulturboykott gegen russische und belarussische Künstlerinnen und Künstler aus. Auch sollte auf diese kein Druck aufgebaut werden, sich öffentlich zu bekennen. "Somit erachten wir es als ungerecht, Russen oder Belarussen für die Handlungen des Diktators und seiner Anhänger pauschal zu verurteilen, wenn keine direkten Beweise für ihr Mitwirken vorliegen", heißt es in dem offenen Brief. Es sei nicht möglich, einen Kulturschaffenden aufgrund seiner Nationalität auszuschließen und gleichzeitig dem Künstler persönlich nicht schaden zu wollen. "Die Nationalität sollte keine Rolle spielen - niemand müsste seine Herkunft oder Staatsangehörigkeit rechtfertigen müssen."