Ankläger: Pistorius ist ein Mörder
7. August 2014Der Mordprozess gegen den südafrikanischen Spitzensportler Oscar Pistorius ist mit dem Beginn der Schlussplädoyers in die entscheidende Runde gegangen. Staatsanwalt Gerrie Nel (Artikelbild) wollte das Gericht in Pretoria davon überzeugen, dass der Sprinter-Star in der Nacht zum Valentinstag 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp vorsätzlich durch eine geschlossene Badezimmertür erschossen hat. Für ihn ist Pistorius ein Mörder.
Während der Ankläger von einem Streit zwischen den beiden ausgeht, beteuert Pistorius, er habe die Person hinter der Tür für einen Einbrecher gehalten. Im Kreuzverhör hatte er von einem "schrecklichen Irrtum" gesprochen. Er habe im Affekt gehandelt, als er in rascher Folge vier Schüsse abfeuerte. Die Verteidiger argumentierten, der unterschenkelamputierte Sportler sei aufgrund seiner schwierigen Kindheit und seiner Behinderung sicherheitsbesessen. Psychiatrische Gutachter kamen zu dem Schluss, dass Pistorius zwar unter einer Angststörung leide, aber voll schuldfähig sei.
"Alles in Ordnung"
Staatsanwalt Nel warf dem Angeklagten "Ängstlichkeit auf Abruf" vor, um auf dieser Grundlage die Verteidigungsstrategie aufzubauen. Seine Aussagen seien "ohne jeden Wahrheitsgehalt" und wiesen "eklatante Widersprüche" auf. Der Staatsanwalt führte ins Feld, dass Pistorius sich nicht vergewissert habe, ob seine Freundin im Bett war, bevor er schoss. Ein "normales Verhalten" hätte bedeutet, mit ihr über die zuvor erwähnten beunruhigenden Geräusche zu sprechen. Außerdem habe er einem Wachmann der gesicherten Wohnanlage nach den Schüssen gesagt, alles sei in Ordnung - anstatt Hilfe herbeizuholen.
Verteidiger Barry Roux, der kurz auf Nels Plädoyer einging, wird am Freitag ausführlich seine Argumente vorbringen, warum Pistorius unschuldig sei. Es wird erwartet, dass der Jurist - ebenso wie zuvor die Anklage - mit rhetorischer Finesse versuchen wird, Richterin Thokozile Masipa von der eigenen Version zu überzeugen.
Prozess spaltet die Nation
Der live im Fernsehen übertragene Prozess gegen das einstige südafrikanische Idol bewegt und spaltet die Nation. Seit Anfang März steht der Spitzensportler vor Gericht. 39 Prozesstage und 36 Zeugenverhöre konnten letztlich nicht klären, was in der Tatnacht in Pistorius' Villa in Pretoria wirklich geschah.
Bei dem für Ende August erwarteten Urteil muss sich das Gericht deshalb vor allem auf Indizien und die Glaubwürdigkeit der Zeugen verlassen. Wird der 27-Jährige des Mordes für schuldig befunden, droht ihm lebenslängliche Haft. Lautet das Urteil dagegen "fahrlässige Tötung", könnte er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen.
jj/gri (dpa, afp)