Angst und Hoffnung vor dem Nordderby
21. April 2016Werder Bremen hat sich im DFB-Pokal-Halbfinale in München gut verkauft und ist im Aufwind. Der Hamburger SV, der in dieser Saison eigentlich nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben wollte und bereits mehrfach gefühlt schon gerettet war, taumelt doch wieder in Richtung Tabellenkeller. Noch vier Partien sind in der Bundesliga zu absolvieren - der HSV auf Rang 12 hat 34 Punkte, Bremen liegt mit 31 Zählern auf Rang 16. Im 104. Nordderby geht es am Freitagabend in Hamburg (20:30 Uhr MESZ, ab 20:15 im DW-Liveticker) daher nicht nur ums Prestige und um drei Punkte, sondern auch um eine Vorentscheidung im Kampf den Klassenverbleib.
"Ich glaube, dass das ein Hexenkessel werden kann. Unsere Fans sind heiß auf das Derby", betont HSV-Trainer Bruno Labbadia und fordert: "Wir brauchen Galligkeit." Nur 70 Stunden nach dem Pokal-Aus bei Bayern München hoffen die Hamburger auf müde Gäste, doch Werder will hellwach und mutig sein. "Wenn wir Angst haben, können wir hierbleiben. Wir wollen nicht nur Sprüche bringen, sondern die gute Leistung bestätigen", sagt Bremens Coach Viktor Skripnik und ergänzt: "Schade, dass wir drei Spiele in sechs Tagen haben. Aber die Spieler wollen wieder volle Kanne spielen."
Hunt und Pizarro als Hoffnungsträger
Labbadias Forderung nach galliger Spielweise hat einen plausiblen Grund: Seinem Team fehlte in den vergangenen Partien die Aggressivität, der unbedingte Siegeswille. Abgesehen von einem Auswärtserfolg bei Schlusslicht Hannover 96 setzte es in den letzten fünf Spielen vier Niederlagen. Und jetzt kommt ausgerechnet der Erzrivale, der den HSV schon so oft gedemütigt hat. Unvergessen sind die Wochen im Frühjahr 2009, als man viermal in Folge auf die Bremer traf und Werder im DFB-Pokal, der Europa League und der Meisterschaft als Sieger hervorging. Zum ersten Mal auf der anderen Seite steht der langjährige Bremer Aaron Hunt. "Er kann ein entscheidender Mann werden", hofft Labbadia. Allerdings trainiert der Ex-Bremer nach einer Verletzung erst seit Mitte der Woche wieder mit der Mannschaft.
Die Bremer setzen dagegen auf Claudio Pizarro, der bereits 13-mal in dieser Saison getroffen hat und die letzten beiden Spiele, mit einem Liga-Sieg gegen Wolfsburg und dem Pokal-Aus in München, als Zeichen der Hoffnung wertet. "Wenn wir so weiterspielen, bleiben wir in der Liga", behauptet der Stürmer. Werder wittert seine Chance, nachdem der HSV vor heimischem Publikum in dieser Saison mit keinem Team aus dem Tabellenkeller zurechtgekommen ist. Werders leicht angeschlagener Regisseur Zlatko Junuzovic erwartet "ein richtiges Druckspiel". Gewinnt Werder, reißen sie den ungeliebten Nachbarn erneut tief in den Abstiegs-Schlamassel.
Zahnloser HSV-Sturm
Der Spott über den möglichen Relegations-Hattrick der Hamburger macht bundesweit bereits die Runde. Zweimal haben sich die Hamburger in den Vorjahren nur knapp gerettet. Größtes Problem ist der schwache Angriff. Der HSV hat keinen Torjäger wie Pizarro in seinen Reihen. Egal ob Pierre-Michel Lasogga (6 Tore), Sven Schipplock (0) oder Artjoms Rudnevs (2) - Trainer Labbadia lässt das Trio rotieren, auch deshalb, weil er keine Optimallösung findet. Die bittere Erkenntnis: In der Bundesliga ist der HSV-Sturm nicht konkurrenzfähig. "Wir leben extrem vom Kollektiv. Wir leben nicht von der individuellen Klasse", bestätigt Labbadia. Dennoch sieht er ausreichend Potenzial, sich mit seiner Mannschaft rechtzeitig vor Toresschluss in Sicherheit zu bringen.
"Wir haben es selber in der Hand. So eine Situation passt mir", sagt Labbadia kämpferisch. Im vergangenen Jahr war er von der Konkurrenz abhängig, diesmal reichen eigene Siege. "Der Glaube an das Gewinnen sollte größer sein als das Denken an das, was passieren könnte, wenn es nicht klappt", lautet Labbadias Maxime. Am Freitagabend gegen 22:20 Uhr wird er wissen, ob seine Spieler diese Vorgabe umsetzen konnten.
Bayern vor dem Meister-Coup
Neben dem Nordderby am Freitagabend hat der 31. Spieltag einige andere Highlights zu bieten: Am Samstag könnte der FC Bayern die vierte Meisterschaft in Folge klar machen. Voraussetzung wäre ein Sieg in Berlin, wenn Borussia Dortmund gleichzeitig beim VfB Stuttgart verliert. Außerdem spielen Wolfsburg gegen Augsburg, Köln gegen Darmstadt und Ingolstadt gegen Hannover 96, das nach dem Spieltag als erster Absteiger feststehen könnte (Anstoß jeweils um 15:30 Uhr MESZ). Das Top-Spiel am Samstagabend bestreiten der FC Schalke 04 und Bayer Leverkusen (18:30 Uhr). Am Sonntag runden die Partien Mönchengladbach gegen Hoffenheim (15:30 Uhr) und Frankfurt gegen Mainz (17:30 Uhr) den Spieltag ab.
Das Freitagsspiel des 31. Spieltags der Bundesliga können Sie - genau wie alle anderen Partien - im DW-Liveticker mitverfolgen. Wir starten eine Viertelstunde vor Anstoß, um 20:15 Uhr MESZ.