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PolitikNahost

Angriffe aus dem Libanon: Sorge vor Eskalation in Nahost

28. Dezember 2023

Israels Armeeführung hat ihre Soldaten an der Grenze zum Libanon wegen Attacken der Hisbollah in "sehr hohe" Alarmbereitschaft versetzt. Der israelische Außenminister Cohen warnte Hisbollah-Chef Nassrallah.

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Ein Mann steht in Trümmern
Ein Libanese steht auf den Trümmern eines Hauses nach einem israelischen Luftangriff Bild: Bint Jbeil/AP/dpa/picture alliance

Die wachsenden Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon erhöhen die Sorge vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten. Angesichts deutlich zunehmender Angriffe der proiranischen Schiiten-Miliz aus dem Libanon sei die Armee inzwischen in "sehr hoher Bereitschaft", sagte Israels Generalstabschef Herzi Halevi laut einer offiziellen Mitteilung bei einem Besuch des Armeekommandos im Norden Israels. "Heute haben wir eine Reihe von Plänen für verschiedene Eventualitäten gebilligt, und wir müssen darauf vorbereitet sein zuzuschlagen, falls nötig", sagte Halevi.

Schwerste Eskalation seit 2006

Die mit dem Iran verbündete Hisbollah reklamierte am Mittwoch neue Raketenangriffe auf Israel für sich. Es waren laut der Zeitung "The Times of Israel" die bisher schwersten Beschüsse nordisraelischer Städte seit dem Beginn des Nahost-Kriegs. In der Grenzstadt Kiriat Schmona seien mehrere Gebäude beschädigt worden, teilte die israelische Polizei mit. Menschen wurden demnach nicht verletzt. Bei israelischen Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon starben am selben Tag dagegen drei Menschen, unter ihnen ein Hisbollah-Kämpfer, meldete die libanesische Nachrichtenagentur NNA. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006.

Herzi Halevi in Uniform
Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi setzt die Armee in "sehr hohe" Alarmbereitschaft (Archivbild)Bild: IDF/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Angesichts der Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah und israelischen Truppen an der Nordgrenze zum Libanon hat Israels Außenminister Eli Cohen eine scharfe Drohung an Hisbollah-Milizenchef Hassan Nasrallah ausgesprochen: Nasrallah "muss verstehen, dass er der Nächste ist", sagte Cohen bei einem Besuch im Grenzgebiet. Die Hisbollah müsse einen im Jahr 2006 von den UN vermittelten Waffenstillstand einhalten, der die Miliz zum Rückzug aus dem Grenzgebiet verpflichte, mahnte Cohen. Israel werde sich bemühen, die diplomatische Option auszuschöpfen - "Wenn das nicht funktioniert, liegen alle Optionen auf dem Tisch."

Die israelischen Behörden hatten zu Beginn des Nahost-Kriegs Zehntausende Bewohner im Norden aus Sicherheitsgründen ins Landesinnere gebracht. Die Hisbollah gilt als viel stärker bewaffnet als die Terrororganisation Hamas in Gaza.

Blinken reist wieder in den Nahen Osten

Im Süden Gazas kämpfe man aktuell gegen die islamistische Hamas nun "in mehreren Schlüsselgebieten" und habe in der Stadt Chan Junis die Operation ausgeweitet, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. "Wir haben heute eine weitere Brigade in dieses Gebiet entsandt und operieren dort weiter mit neuen Methoden der Kriegsführung über und unter der Erde", sagte er mit Bezug auf das Tunnelnetzwerk der Hamas.

Menschen auf einem Lastwagen
Palästinenser flüchten aus dem Gazastreifen nach RafahBild: Hatem Ali/AP Photo/picture alliance

Angesichts der sich bedrohlich zuspitzenden Lage im Nahen Osten reist US-Außenminister Antony Blinken nach Informationen des Nachrichtenportals "Axios" kommende Woche erneut in die Region. Zum fünften Mal seit Beginn des Nahost-Krieges besuche er dabei auch Israel, hieß es. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.

Die falsche Munition bei Angriffen am Heiligabend?

Nach schweren Angriffen auf ein Flüchtlingsviertel im Gazastreifen mit zahlreichen Toten an Heiligabend hat Israels Armee Bedauern über den "Schaden an unbeteiligten Zivilisten" ausgedrückt. Man arbeite daran, Lehren aus dem Vorfall zu ziehen, teilte ein Armeesprecher mit. Am 24. Dezember waren bei Luftangriffen in dem Flüchtlingsviertel Al-Maghasi nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mehr als 70 Menschen getötet worden. In UN-Berichten ist sogar die Rede von 86 Toten.

Der israelische Sender Kan berichtete unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle aus dem Militär, die bisherigen Untersuchungen hätten ergeben, dass bei dem Angriff auf Al-Maghasi nicht die passende Munition verwendet worden sei. Dies habe zu großem Schaden auch in der unmittelbaren Umgebung geführt. 

WHO: Zehntausende suchen Schutz in Kliniken

Im Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza drängten sich 50.000 Menschen zusammen, in der Al-Amal-Klinik im südlichen Gazastreifen 14.000, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO am Mittwoch auf X mit. Sie berief sich auf ein Team vor Ort. Von unabhängiger Seite ließen sich die Zahlen zunächst nicht überprüfen. Die Abordnung konnte zusammen mit Vertretern des UN-Kinderhilfswerks UNICEF und einer weiteren Organisation Hilfsgüter in die Krankenhäuser bringen, wie es in der Mitteilung hieß. 

Auslöser des Nahost-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zu Gaza verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Laut der - der Hamas unterstehenden - Gesundheitsbehörde in Gaza wurden bisher rund 21.320 Menschen in dem Küstengebiet getötet. Deutschland, die EU und USA sowie weitere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

nob/fab/rb/sti/kle/cw (dpa, afp, ap)