Sudan: Angespannte Lage vor neuen Protesten
30. Juni 2019Im Vorfeld neuerlicher Massenproteste im Sudan haben Sicherheitskräfte das Hauptquartier der größten oppositionellen Gruppe durchsucht. In dem Büro der "Sudanese Professionals' Association" (SPA) wollte die Gruppe eine Pressekonferenz abhalten. Ein Sprecher der SPA bezeichnete den Vorfall als eine "Verletzung von Freiheiten, die sogar schlimmer ist, als unter dem ehemaligen Präsidenten Baschir." Der Militärrat kommentierte die Durchsuchungen nicht. Nach Angaben der SPA gab es keine Verhaftungen.
Die Protestbewegung Allianz für Freiheit und Wandel, zu der auch SPA gehört, hat für Sonntag zu Massenprotesten in der Hauptstadt Khartum und anderen Städten gegen den regierenden Militärrat aufgerufen. Es ist der erste landesweite Aufruf seit der gewaltsamen Auflösung des zentralen Protestlagers in Khartum, bei dem Anfang Juni Dutzende Menschen getötet worden waren.
Einer der Anführer der Proteste hat vor neuer Gewalt bei den geplanten Massenprotesten gewarnt. Ob es bei den bevorstehenden Protesten der Opposition erneut ein "Massaker" gebe, komme auf den Militärrat an, sagte Babiker Faisal. Die Opposition wolle "keinerlei Konfrontationen, weil dies definitiv zu Chaos führen würde", warnte er.
Für jeglichen Schaden verantwortlich
Der Militärrat warnte dagegen die Protestanführer, dass sie für jegliche Schäden bei den Demonstrationen am Sonntag verantwortlich gemacht werden würden. Der Anführer des Militärrats, Mohamed Hamdan Dagalo, sagte der Rat lehne die geplanten Proteste nicht grundsätzlich ab. "Es gibt aber Menschen, die einfach Vandalen sind und eine eigene Agenda verfolgen", sagte er.
Die USA, Großbritannien und Norwegen haben vor den geplanten Massendemonstrationen die Militärführung zum Gewaltverzicht aufgerufen. Die Menschen hätten das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, hieß es in einer Mitteilung der Troika, die vom US-Außenministerium veröffentlicht wurde. Der militärische Übergangsrat solle diese Rechte achten und friedliche Proteste erlauben.
Der langjährige sudanesische Präsident Omar al-Baschir war im April von den Streitkräften gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Seitdem ringen die Militärführung und die Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung. Bei der gewaltsamen Auflösung der Sitzblockade in Khartum wurden nach Angaben eines Ärzteverbands mehr als 100 Menschen getötet und 500 verletzt. Äthiopien und die Afrikanische Union (AU) agieren nun als Vermittler zwischen Militär und Opposition.
Trotz der angespannten Lage schließt Oppositionsführer Faisal nicht aus, dass noch vor Sonntag eine Einigung mit dem Militärrat auf einen demokratischen Wandel gelingt. "Wenn wir eine Einigung erzielen, könnten wir am 30. Juni vielleicht sogar auf die Straße gehen, um zu feiern", sagte der Protestanführer.
lh/fab (ap, rtr)