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Der Einfluss der Polikberater

28. Januar 2012

Gegen Olaf Glaeseker, den früheren Sprecher von Bundespräsident Christian Wulff, wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Dadurch wird die Öffentlichkeit auch auf einen machtvollen Berufsstand aufmerksam: Politikberater.

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Bundespräsident Christian Wulff unterhält sich mit seinem früheren Sprecher Olaf Glaeseker. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Olaf Glaeseker hat an der Karriere von Bundespräsident Christian Wulff wesentlich mitgewirkt. Kurz bevor Wulff im Jahr 2003 Ministerpräsident von Niedersachsen wurde, lernten sich die beiden Männer kennen. Glaeseker war nicht nur Pressesprecher des Landeschefs und späteren Staatsoberhauptes, er war auch dessen engster Berater. Im Dezember 2011 trennte sich Wulff von Glaeseker.

Jetzt wird gegen den früheren Sprecher wegen Bestechlichkeit ermittelt. Er soll Zuwendungen von Party-Manager Manfred Schmidt erhalten haben. Glaeseker soll im Gegenzug das Sponsoring für Schmidts Prominenten-Feste übernommen haben: Geldbitten im Namen der niedersächsischen Staatskanzlei in der Zeit als Christian Wulff in dem Land noch Ministerpräsident war. Konkret geht es um eine Veranstaltung namens "Nord-Süd-Dialog", die der Beziehungspflege von Niedersachsen und Baden-Württemberg dienen sollte. Was wusste der heutige Bundespräsident von alldem, fragen nun Journalisten und Staatsanwälte.

Journalisten sind häufig Berater

Der Fall Glaeseker rückt einen Berufsstand ins Rampenlicht, der sonst für seine Unscheinbarkeit bekannt ist: Politikberater agieren im Hintergrund. Sie bereiten Reden vor, organisieren Auftritte, informieren gezielt Journalisten in Hintergrundgesprächen, damit ihr Chef in gutem Licht dasteht und glätten die Wogen, wenn ein Politiker in der Öffentlichkeit verbal daneben gegriffen hat. Nicht immer ist die Funktion von Sprecher und engem Berater so eng verknüpft, wie bei Olaf Glaeseker, doch eine Ausnahme ist diese Mischung auch nicht. Bekannte Beispiele: Hans-Hermann Tiedje, der einstige "Bild"-Chefredakteur war persönlicher Berater von Helmut Kohl in dessen letztem Wahlkampf 1998. Michael Spreng, zeitweise Chefredakteur von Bild am Sonntag und dem Boulevard-Blatt Kölner "Express" leitete 2002 den Wahlkampf für Edmund Stoiber und war anschließend Medienberater für CDU-Ministerpräsidentskandidat Jürgen Rüttgers im NRW-Landtagswahlkampf 2004.

Professionelle Problemlöser

Dass sich Politiker Journalisten als Berater und Sprecher suchen, kommt nicht von ungefähr, sagt Timo Grunden vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Duisburg-Essen. Er ist stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe Regieren und Dozent an der NRW School of Governance. "Das Mediensystem ist für die meisten Politiker immer noch ein schwieriges und gefährliches Terrain", meint der Politikwissenschaftler. Journalisten dagegen wissen, "wie Medien ticken" und wen man ansprechen muss, sie haben Netzwerke in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, die gerade für Spitzenpolitiker nützlich sind. Grunden betont, dass in der Mediendemokratie der Umgang mit Krisen besonders wichtig sei. Ein guter Berater sei deshalb vor allem ein guter "Problemlöser".

Bundespräsident Christian Wulff waehrend einer Reise neben seinem früheren Sprecher Olaf Glaeseker (Foto: dapd)
Das Team Glaeseker & WulffBild: dapd

Inhalt und Verpackung gehören zusammen

Den Karriereabsturz von Wulffs Berater Glaeseker sieht Grunden darin begründet, dass der Sprecher private und öffentliche Interessen miteinander vermischt habe. Das sei letztlich unprofessionell, denn jemand, der weiß, wie man Netzwerke organisiert, müsse auch wissen, wann man mit dieser Nutzung seinem Chef schadet. Keineswegs sei Politikberatung nur eine reine Marketingangelegenheit, betont Timo Grunden. Natürlich bräuchten Inhalte eine gute Verpackung. Aber Verpackung ohne Inhalt entlarve sich irgendwann von selbst. Beratung sei auch keine One-Man-Show, sagt Grunden. Um effizient arbeiten zu können, bräuchten Politiker ein kleines kompetentes Team, bei dem Sach- und Machtfragen zusammenkommen.

Keiner kann alles

Dass gute Beratung immer arbeitsteilig ist, betont auch Sergius Seebohm von der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung: "Außerdem gibt es sehr unterschiedliche Formen von Beratung und Beratern. Für spezielle Sachfragen und Analysen wird oft auf sogenannte Think Tanks zurückgegriffen, öffentliche oder private Einrichtungen mit Spezialisten, die Politikern als wissenschaftliche Politikberater zur Seite stehen." Neben diesen wissenschaftlichen Fachleuten gebe es Kommunikationsprofis, die politische Botschaften so verkürzen und erklären, dass sie in der Öffentlichkeit verstanden werden. Wichtig sei auch das Management in den Ministerien selbst. Hier gehe es darum, politische Entscheidungen vorzubereiten und durchzuführen, möglicherweise sogar schon Antworten auf mögliche Kritikpunkte parat zu haben, sagt Seebohm.

Fünf Berater im Gespräch (Foto: endostock)
Eine gute Entscheidung braucht viele BeraterBild: Fotolia

Vermitteln ist das A und O

Eine ganz falsche Vorstellung hätten viele Menschen von einem vierten Arbeitsfeld, dem "Lobbying". "Das ist mehr als einseitige Interessensvertretung", meint Beratungsprofi Seebohm. Seiner Meinung nach besteht die wesentliche Aufgabe der Lobbyisten darin, zwischen Wirtschaft und Politik zu vermitteln. Wenn der eine die Bedürfnisse und Probleme des anderen nicht versteht, komme es zum Stillstand. Praktisches Beispiel: Auch um die Herstellung von Wasserleitungen mit speziellen Beschichtungen in Deutschland möglich zu machen, brauche es Vermittlung. Technikern sind politische Entscheidungswege fremd, die Gesetze zur Verwendung von Chemikalien hervorbringen und Politiker haben selten Ahnung von industriellen Fertigungsprozessen und von Chemie. Wenn beide sich verstehen, lässt sich leichter eine Lösung finden.

Immer mehr Spezialisten

Nach der Einschätzung von Sergius Seebohm wird sich Politikberatung immer mehr verändern. In der Vergangenheit haben oft Quereinsteiger mit journalistischem Erfahrungshintergrund das Bild an der Spitze bestimmt. Heute spezialisieren sich mehr und mehr Akademiker schon früh auf diese Form der Beratung. Und das, so Seebohm: "ist angesichts einer zunehmenden Komplexität von Technik und Medienlandschaft auch nötig."

Sergius Seebohm, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung e.V. (de'ge'pol) (Foto: Sergius Seebohm)
Sergius SeebohmBild: privat

Autor: Günther Birkenstock
Redaktion: Arne Lichtenberg