Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff
18. März 2016Mit großer Mehrheit stimmten die Abgeordneten in Brasilia für die Gründung des Sonderkomitees. Das Gremium aus 65 Parlamentariern soll einen Bericht über die Verfolgung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Staatspräsidentin Dilma Rousseff vorlegen.
Das Amtsenthebungsverfahren war im Dezember von Parlamentspräsident Eduardo Cunha, einem entschiedenen Gegner Rousseffs, in Gang gesetzt worden. Er kündigte jetzt an, aufs Tempo zu drücken. Im Abgeordnetenhaus wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, um das formelle Verfahren im Senat fortzusetzen.
Schmiergelder für Politiker
Rousseff wird unter anderem für die schwerste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Darüber hinaus gibt es weitreichende Korruptionsvorwürfe. Ein Großteil von ihnen ist mit den Geschäften des Ölkonzerns Petrobras verknüpft. Allein im Zusammenwirken zwischen Petrobras und Baufirmen sollen umgerechnet zwei Milliarden Dollar falsch ausgewiesen worden sein, um Bestechungszahlungen an Politiker und Parteien abzweigen zu können.
Tränengas gegen Demonstranten
Sowohl in Brasilia als auch in Sao Paulo wurden am Donnerstag wieder Rücktrittsforderungen laut. Die Polizei ging mit Tränengas gegen tausende wütende Menschen vor, die sich vor dem Präsidentensitz und dem Kongress versammelt hatten und die Gebäude stürmen wollten.
Ihre Wut richtet sich auch gegen die Vereidigung von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zum Kabinettschef von Rousseff. Sie kritisieren, dass Lula durch die neue Aufgabe weitgehende Immunität erhält. Gegen ihn wird wegen Geldwäsche und Betrug im Zusammenhang mit dem Schmiergeldskandal bei Petrobras ermittelt.
Kann Ex-Präsident Lula helfen?
Kurz nach seiner Vereidigung erließ ein Bundesrichter eine einstweilige Verfügung, um Lulas Ernennung auszusetzen. Dagegen wiederum legte die Regierung Berufung ein. Damit ist unklar, ob der 70-Jährige das Amt überhaupt antreten kann. Beobachter gehen davon aus, dass die Ernennung des nach wie vor beliebten Lula eine Hilfe für Rousseff darstellt.
Die Präsidentin sieht sich seit Wochen mit Massenprotesten konfrontiert. Allein am Wochenende waren mehr als drei Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Die Zustimmungswerte der linksgerichteten Präsidentin liegen bei knapp zehn Prozent. Rund 60 Prozent der Brasilianer sind für ihre Amtsenthebung.
uh/stu (rtr,afp)