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Sudan: Chemiewaffen gegen eigenes Volk

Mark Caldwell
29. September 2016

Amnesty International wirft der Regierung des Sudan vor, in der Krisenregion Darfur Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt zu haben. Die Menschenrechtler fordern Zugang zu dem Gebiet, um das zu überprüfen.

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Darfur Flüchtlingslager in Zam Zam
Bild: Getty Images/AFP/A. Shazly

Die sudanesische Regierung soll in der abgelegenen Region Darfur Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt haben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International behauptet, glaubwürdige Beweise dafür zu haben, dass die sudanesische Regierung in den vergangenen acht Monaten in Darfur Chemiewaffen gegen Zivilisten eingesetzt hat. Schätzungen von Amnesty zufolge ereigneten sich mindestens 30 Angriffe in der Region Jebel Marra, bei denen mehr als zweihundert Menschen getötet wurden.

Deutsche Welle: Wie hat Amnesty International herausfinden können, dass bei diesen Angriffen chemische Waffen eingesetzt wurden?

Jonathan Loeb: Amnesty International hat umfangreiche Zeugenaussagen und Bildmaterial sammeln können. Dazu wurden Telefoninterviews mit mehr als 50 Überlebenden dieser Angriffe geführt, die uns die Symptome beschrieben haben, die sich bei denen entwickelten, die den mutmaßlichen Chemiewaffen ausgesetzt waren.

Einige von ihnen konnten uns Fotos der Opfer schicken. Dann haben wir die Aussagen aus den Interviews und das Bildmaterial an zwei unabhängige Chemiewaffen-Experten in den USA geschickt. Beide kamen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass solche Wunden und Verletzungen nicht von herkömmlichen Waffen stammen können, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auf Chemiewaffen zurückzuführen sind, die als blasenbildende Kampfstoffe bekannt sind.

Doch ohne Zugang zu dem Gebiet und ohne die Möglichkeit, Bodenproben zu sammeln sowie Urin- und Blutproben zu nehmen, können wir nicht endgültig sagen, welche Art von Chemikalien bei den Angriffen zum Einsatz gekommen sind.

Sind diese Waffen nicht durch internationale Verträge verboten?

Ja. Chemische Kampfstoffe sind durch mehrere Verträge gebannt worden, unter anderem durch die Chemiewaffen-Konvention, der auch der Sudan gemeinsam mit 191 anderen Staaten beigetreten ist.

Woher hat der Sudan diese Waffen bekommen?

Das können wir nicht genau sagen. Und genau deshalb fordern wir - unter der Führung der Organisation zur Prävention von Chemiewaffen - eine Vor-Ort-Untersuchung  zur Entwicklung und zum Gebrauch dieser Waffen.

Abgesehen von weiteren Nachforschungen - welche anderen Maßnahmen sollten Ihrer Ansicht nach ergriffen werden?

Der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen erfolgte im Rahmen einer großangelegten militärischen Operation in der Region Jebel Marra. Während dieser Operation haben wir eine Reihe anderer Vorfälle dokumentiert, die internationales Recht verletzen, darunter widerrechtliche Tötungen, Vertreibung und sexuelle Gewalt.

Darüber hinaus fordert Amnesty International die Regierung des Sudan auf, internationalen Akteuren Zugang zu dem Gebiet zu gewähren. Außerdem soll der UN-Sicherheitsrat die Regierung unter Druck setzen, dass sie der Blauhelmmission im Darfur erlaubt, in die Region vorzurücken und dort ein Lager aufzubauen, sodass sie für den Schutz der noch immer dort lebenden Zivilbevölkerung sorgen kann.

Jonathan Loeb ist Krisenberater bei Amnesty International.

Das Interview führte Mark Caldwell.