Schwere Vorwürfe gegen Bagdad
14. Oktober 2014Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) hat der irakischen Regierung vorgeworfen, sie dulde von schiitischen Milizen begangene Kriegsverbrechen an sunnitischen Zivilisten. Schiitische Milizionäre sowie Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte hätten dutzende Menschen gefoltert und ermordet, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Amnesty-Bericht unter dem Titel "Absolute Straflosigkeit: Die Milizen-Herrschaft im Irak". Demnach rächen sich schiitische Milizen für Angriffe der Dschihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) offenbar mit Morden an Sunniten.
"Muster gezielter Hinrichtungen"
Der IS vertritt eine radikalsunnitische Interpretation des Islam und wird von Teilen der sunnitischen Minderheit des Irak unterstützt. Diese fühlt sich seit dem Sturz des früheren Machthabers Saddam Hussein im Jahr 2003 von der schiitisch dominierten Zentralregierung in Bagdad an den Rand gedrängt. Dem im Juni begonnenen Vormarsch der IS-Kämpfer im Nordirak hatten die irakischen Sicherheitskräfte kaum etwas entgegenzusetzen. Inzwischen kämpfen kurdische und schiitische Milizen an der Seite der irakischen Armee gegen den IS.
Laut dem Amnesty-Bericht sind Gruppen nicht-staatlicher Kämpfer im Irak seit dem Teilrückzug der Armee noch mächtiger geworden. Religiös motivierte Gewalttaten seien besonders durch mächtige Milizen in den Städten Bagdad, Kirkuk und Samarra verübt worden. An verschiedenen Orten im Land wurden demnach dutzende Leichen mit Kopfschusswunden gefunden, die zuvor gefesselt worden waren. Amnesty vermutet hier "ein Muster gezielter Hinrichtungen".
"Bagdad lässt Milizen gewähren"
"Indem die Regierung in Bagdad Milizen gewähren lässt, solche schrecklichen Taten routinemäßig zu begehen, billigt sie Kriegsverbrechen und fördert einen Teufelskreis von religiös motivierter Gewalt", erklärte die Amnesty-Krisenbeauftragte Donatella Rovera. Die Behörden hätten es bislang unterlassen, Milizen für Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen, erklärte Rovera weiter. Amnesty forderte, die Regierung unter Ministerpräsident Haidar al-Abadi müsse "die Milizen wieder kontrollieren und Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen".
cr/det (afp, epd)