Amazon: Streiks und Klagen in Deutschland
21. September 2015Beim Online-Versandhändler Amazon haben an mehreren Standorten in Deutschland Streiks begonnen. Die Aktionen sollen nach Angaben der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi teilweise bis zum Ende der Woche dauern. Zu Lieferverzögerungen wird es nach Angaben des Unternehmens aber nicht kommen.
Die neue Streikwelle begann nach Angaben von Verdi mit der Frühschicht am Montagmorgen. Zahlreiche Beschäftigte in den Standorten Bad Hersfeld in Hessen, Leipzig in Sachsen, Rheinberg und Werne in Nordrhein-Westfalen sowie Graben bei Augsburg und Pforzheim in Baden-Württemberg hätten die Arbeit niedergelegt.
Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand warf Amazon vor, die Beschäftigten zu verschleißen und ihnen die Arbeitsbedingungen willkürlich zu diktieren. Amazon weist diese Vorwürfe zurück. Nach Angaben einer Unternehmenssprecherin beteiligten sich insgesamt rund 700 Beschäftigte an den Aktionen. Die meisten der mehr als 10.000 Mitarbeiter in Deutschland seien somit regulär im Dienst. Zu Lieferverzögerungen werde es deshalb nicht kommen.
Keine Einigung in zweieinhalb Jahren
In den deutschen Amazon-Versandzentren wird seit April 2013 immer wieder gestreikt. Verdi will für die Beschäftigten Verträge nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels durchsetzen. Der US-Konzern weigert sich aber bislang, einen Tarifvertrag für seine Mitarbeiter in Deutschland auszuhandeln. Nach Angaben der Gewerkschaft hat das Unternehmen kürzlich zwar eine Lohnerhöhung von 2,5 Prozent angekündigt. Nach wie vor gebe es aber dennoch "eine erhebliche Lücke" zu den Branchentarifverträgen im Einzel- und Versandhandel. Amazon argumentiert hingegen, das Unternehmen bezahle in den Logistikzentren "am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist".
"Gefahr für die kulturelle Vielfalt"
Mit dem deutschen Buchhandel liegt Amazon ebenfalls über Kreuz. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat erneut eine Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. "Das Geschäftsmodell von Amazon und Audible zielt darauf ab, die ausgezeichneten Buchhandelsstrukturen in Deutschland zu zerstören", sagte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis am Montag in Frankfurt am Main. Ging es bei der Beschwerde im Juni 2014 um den Druck Amazons gegen Verlage beim Einkauf von E-Books, geht es nun um den Druck der Amazon-Tochter Audible beim Vertrieb digitaler Hörbücher.
"Amazon und Audible sind erklärtermaßen auf dem Weg, ein Monopol zu errichten", klagte Skipis. Die Leidtragenden seien Hörbuchverlage, Buchhändler und der Zwischenbuchhandel. "Diese Geschäftspolitik gefährdet die kulturelle Vielfalt und die Qualität auf dem Buchmarkt", warnte Skipis. Die aktuelle Beschwerde richte sich dagegen, dass die Amazon-Tochter Audible ihre Marktstellung nutze, um Hörbuchverlagen "unzumutbare Bedingungen für die Vermarktung digitaler Hörbücher aufzuzwingen".
dk/uh (afp/dpa/epd)