Amazon schreddert seine Retouren
8. Juni 2018Tonnenweise Retouren und neuwertige Produkte, darunter Kühlschränke, Handys, Matratzen und Möbel soll Onlinehändler Amazon vernichtet haben. Das berichten das ZDF-Magazin Frontal 21 und die Wirtschaftswoche. Beide Medien berufen sich auf interne Produktlisten, Fotos und Aussagen von Mitarbeitern. Danach werden in den deutschen Logistiklagern des Versandhändlers "in großem Umfang" Güter aller Art entsorgt.
Amazon zerstöre dabei nicht nur unbrauchbare Produkte, sondern auch funktionstüchtige und teilweise neue Artikel, heißt es unter Berufung auf Aussagen von Beschäftigten. Eine Mitarbeiterin berichtete demnach, dass sie jeden Tag Waren im Wert von mehreren zehntausend Euro vernichtet habe. Amazon selbst bestreitet nicht, Artikel zu entsorgen und erklärte stattdessen, über mehrere Programme zu verfügen, um die "Entsorgung von Produkten" weiter zu reduzieren - etwa über Wiederverkäufe oder Spenden. Amazon arbeite "kontinuierlich an der Verbesserung von Nachfrageprognosen", um die Zahl nicht verkaufter Artikel zu minimieren, teilte der Händler in seiner Stellungnahme mit.
Klaus Töpfer nennt Praxis "unverantwortlich"
Heftige Kritik an der aufgedeckten Praxis kam von der Bundesregierung. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth forderte Amazon auf, die Vorwürfe aufzuklären. Er sprach von einem "riesengroßen Skandal" und kritisierte die damit verbundene Ressourcenverschwendung. Der frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer nannte die Praxis "unverantwortlich". Die Organisation Greenpeace forderte ein gesetzliches Verschwendungs- und Vernichtungsverbot für neuwertige und gebrauchsfähige Ware.
Amazon bietet seinen Entsorgungsdienst auch externen Anbietern an, die den Logistikservice "Versand durch Amazon" nutzen. "Sie können Ihren Lagerbestand auf Wunsch von uns entsorgen lassen", heißt es demnach in einer Angebotsübersicht von Amazon. Auf entsprechenden Produktlisten tauchen etwa Kinderturnschuhe und Kopfhörer auf, die intern mit der Versandmethode "Destroy" gekennzeichnet wurden.
nob/rb (dpa/afp/heute.de)