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Bekleidungs-Recycling bei H&M

Rachel Baig26. Februar 2013

Die schwedische Firma H&M hat eine Initiative zur Sammlung von alter Kleidung gestartet. "Für mehr Nachhaltigkeit in der Mode" - so der Slogan. Kritiker sagen: reines Marketing.

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Eine H&M-Filiale auf der Frankfurter Einkaufsmeile Zeil (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"H&M Conscious" steht in großen Lettern auf grünen Untergrund. Mit dem Werbespruch wirbt die Modekette für ihre neue Kampagne, mit der sie an das Umweltbewusstsein der Käufer appelliert. Die kleinen Flyer mit dieser Botschaft liegen allerdings nur ganz unscheinbar neben der Kasse der Filiale in Köln. Keine Kassiererin macht auf die Aktion aufmerksam, kein Kunde fragt nach. Neben den Aufzügen steht ein Pappkarton, der aussieht wie ein provisorischer Abfalleimer. Auf ihm steht "Lang lebe die Mode - H&M Conscious". Mehr nicht. Wer nicht fragt, der weiß auch nicht, was H&M hiermit bezwecken möchte. "Keine Ahnung wofür das steht", sagt eine Kundin. "Habe ich gar nicht bemerkt", ist die Reaktion eines anderen. Aber was steckt hinter dem Konzept?

Kunden der schwedischen Modekette H&M können seit Mitte Februar weltweit gebrauchte Textilien in die Läden bringen und bekommen einen Rabattcoupon als Belohnung. In Deutschland sind zurzeit 80 Filialen an der Aktion beteiligt. Das Rückgabeangebot gilt nicht nur für H&M-Produkte, versichert das Unternehmen. H&M akzeptiere nicht nur alle Marken, sondern auch Kleidung in jedem Zustand - auch zerrissene. In Altkleider-Container dürfen hingegen nur Kleider, die nicht schmutzig sind, die also noch von anderen getragen werden können. "Wir wollen der Umwelt Gutes tun", heißt die Begründung der Modekette. Sie wolle die Auswirkungen der Textilproduktion auf das Ökosystem minimieren.

Umwelt schonen durch Kleidungs-Recycling

Jedes Jahr würden Tonnen von Textilien in den Hausmüll geworfen und landeten auf Deponien. Bis zu 95 Prozent dieser Kleidungsstücke könnten aber erneut genutzt, weiter getragen oder recycelt werden, so H&M. "Wir möchten unseren Kunden eine einfache Möglichkeit anbieten, um ihre Altkleidung abzugeben. Langfristig haben wir die Vision, dass wir aus alten Fasern wieder neue gewinnen möchten", so eine Sprecherin von H&M. Sie erklärt, die eingesammelte Bekleidung werde zunächst in den teilnehmenden Filialen gelagert und dann von einem Kooperationspartner abgeholt. In einem Sortierwerk werde sie dann nach verschiedenen Kriterien aufgeteilt. Kleidung, die noch tragbar sei, werde als Secondhand-Ware weiterverwendet, sprich weiter verkauft. Textilien, die nicht mehr tragbar seien, würden zum Beispiel zu Putzlappen verarbeitet oder zur Herstellung von Dämmstoffen genutzt.

H&M strebe mit den Altkleiderverkäufen keine Gewinne an. Die Einnahmen kämen sozialen Projekten und der Forschung zum Thema Recycling zugute. "Langfristig streben wir einen geschlossenen Kreislauf an, der von der Produktion bis zur Wiederverwendung reicht", so die Sprecherin.

250 Euro pro Tonne Altkleidung

Kritiker vermuten, dass die Aktion nicht nur aus Sorge um die Umwelt entstanden sei. Denn die Kunden würden beim Recycling zum Kauf eines neuen Kleidungsstücks animiert: Pro abgegebener Tüte bekommen sie einen Gutschein über einen Preisnachlass von 15 Prozent auf einen neuen Artikel. Kleiderspenden in Verbindung mit Unternehmen sind umstritten. Der Vorwurf: Viele Firmen betreiben das Recyclinggeschäft kommerziell. "Pro Tonne Altkleidung kann man etwa 250 Euro verdienen. Deswegen steigen, neben Unternehmen, auch immer mehr Kommunen in das Geschäft ein", erklärt Dieter Schütz von Deutschen Roten Kreuz (DRK). Rund eine Million Tonnen Altkleider fallen in Deutschland jährlich an.

Generell begrüßt das Deutsche Rote Kreuz die Aktion von H&M. "In unserer Konsumgesellschaft ist es ohnehin so, dass man vieles einfach wegwirft. Wenn man es wiederverwerten kann oder auch weiterverkaufen kann, dann ist es erstmal nicht negativ", erklärt Schütz. Auch dem Vorwurf, dass H&M durch die Aktion den Konsum fördere, schließe er sich nicht an. Wichtig sei vielmehr, dass die Kleider weiterverwertet würden.

Schütz sieht die H&M-Aktion aber auch kritisch. "Aus dem einfachen Grund, dass sie eine Konkurrenz zu gemeinnützigen Organisationen sind", sagt Schütz. Den Kleiderdiensten würden dadurch deutliche Mengen an Kleidung fehlen, heißt es. H&M entgegnet: "Wir wollen keinen Wettbewerb mit wohltätigen Organisationen. Wir sehen unsere Initiative als Ergänzung."

Effektivität von Umweltkampagne zweifelhaft

Der Dachverband FairWertung, ein Netzwerk aus gemeinnützigen und kirchennahen Organisationen, setzt sich schon seit vielen Jahren mit dem weltweiten Handel von Gebrauchtkleidung auseinander. Er interessiert sich vor allem für die Auswirkungen des Altkleider-Exports auf lokale Märkte in den Importländern. "Es gibt eine spezialisierte Branche, die sich auf Altkleidung konzentriert: Der Sammler verkauft es an den Sortierer. Der verkauft das Sortierte an einen Abnehmer. Es ist also eine ganze Handelskette", erklärt FairWertung-Geschäftsführer Andreas Voget. Gegen den Verkauf von Altkleidern grundsätzlich sei nichts einzuwenden, meint Voget. Ob die Aktion der Modekette H&M wirklich der Umwelt hilft, bezweifelt er aber. "Rücknahmesysteme von Textilherstellern und Handelsketten sind in erster Linie ein Marketinginstrument, um Kunden an sich zu binden und den Absatz der eigenen Neutextilien anzukurbeln."

Damit die Initiative Erfolg hat, wird H&M sowohl Kritiker überzeugen müssen als auch die Menschen, die Altkleider spenden sollen. Fest steht: H&M sorgt zwar auf der einen Seite dafür, dass weniger Kleidung im Müll landet, animiert seine Kunden aber gleichzeitig zum noch rascheren Wechsel des Kleiderschrank-Inhalts.

Ein Altkleidercontainer am Rand einer Straße (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)
Der Altkleidercontainer ist weiterhin Favorit, wenn es um Kleiderspenden gehtBild: picture-alliance/dpa
Eine Infografik zeigt, zu welchen Zwecken deutsche Gebrauchtkleidung weiterverwertet wird (Infografik: DW)
Ein Haufen Altkleider (Foto: DW / Rachel Baig)
Viele wissen nicht, was sie mit alter Kleidung machen sollenBild: DW / Rachel Baig