Als Merkel "Wir schaffen das" sagte
19. Juli 2019Normalerweise ist der große Saal im Gebäude der Bundespressekonferenz (BPK) in Berlin nur spärlich besucht. Dreimal in der Woche kommen die Sprecher der Kanzlerin und der Bundesministerien und unterrichten über das Regierungshandeln in Deutschland. Und oft verlieren sich dann in dem Saal mit gut 200 Sitzplätzen nur ein Dutzend Pressemenschen. Aber einmal im Jahr ist das garantiert anders, da muss der Medien-Mensch schon früh kommen, um überhaupt noch einen Sitzplatz zu kriegen. Denn im Sommer, mal kurz vor ihrem Urlaub, mal kurz danach, kommt Angela Merkel die wenigen hundert Meter vom Kanzleramt herüber in das Pressehaus direkt an der Spree. Und plaudert zumeist locker über das zurückliegende Jahr, und über das, was kommt.
2015: "Wir schaffen das!"
Mancher ihrer Sätze, die sie dort gesagt hat in all den Jahren, hallen dann lange nach. Bestes Beispiel: 2015, am 31. August sprach Merkel über die Herausforderungen der Flüchtlings-Wanderung nach Deutschland und fasste das zusammen mit den Worten: "Wir schaffen das." Sehr gut möglich, dass diese drei Worte einmal die große Überschrift sein werden, wenn über ihre Kanzlerschaft Bilanz gezogen wird.
Die Sommer-Pressekonferenz: Eine lange Tradition
Helmut Kohl, CDU-Bundeskanzler von 1982 bis 1998, hat die Tradition der Sommer-Treffen mit den Hauptstadt-Journalisten begründet. Erstaunlich eigentlich, war doch das Verhältnis Kohls zur Presse meist extrem angespannt. Gerhard Schröder, Kanzler von 1998 bis 2005, führte sie fort, Merkel dann auch. 900 deutsche Hauptstadtkorrespondenten sind im Verein der Bundespressekonferenz Mitglied, dazu kommen noch 440 Korrespondenten aus rund 60 Staaten, die im "Verein der ausländischen Presse in Deutschland" (VAP) organisiert sind. Nur diese beiden Gruppen haben Fragerecht bei Pressekonferenzen. Geleitet werden die Veranstaltungen von einem der Journalisten. Anders als etwa im Weißen Haus in Washington können sich die Politiker also nicht aussuchen, wessen Frage sie beantworten. Ein Stück journalistischer Freiheit, auf das die Bundespressekonferenz zu Recht stolz ist.
Eine kleine Reise durch Merkels Regierungszeit
Ein Blick in die Protokolle der Pressekonferenzen, die Angela Merkel in den letzten Jahren gab, ist eine kleine Reise durch ihre Regierungszeit und handelt von Erfolgen, aber ebenso von Irrungen und Wirrungen. Am 21. Juli 2010 etwa sagte Merkel: "Wir wollen schnellstmöglich das Zeitalter der regenerativen Energien erreichen und dazu auch eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke ins Auge fassen!" Acht Monate später, nach der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011, war das alles Geschichte. Deutschland stieg aus der Atomkraft aus. Und wohl auch nicht so gerne wird sich Merkel an ihren Satz vom 18. Juli 2014 erinnern: "Wir werden als zentrales Thema die Digitale Agenda für Deutschland fortentwickeln." Passiert ist in den fast genau fünf Jahren seitdem wenig.
Diesmal wohl ein Thema: Merkels Zittern
In diesem Jahr wird wohl erstmals auch die Gesundheit der ersten deutschen Kanzlerin ein Thema sein. Zuletzt hatte Merkel dreimal Zitterattacken in der Öffentlichkeit erlitten, immer dann, wenn sie etwa bei militärischen Ehren für einen Staatsgast stehen muss. Zweimal hat die Kanzlerin in den letzten Wochen deshalb einfach Stühle für sich und ihren Gast aufstellen lassen. Und verfolgt die Nationalhymnen so vorerst im Sitzen. Sitzen wird sie auch in der Bundespressekonferenz. Aber ihr Zittern wird ein Thema sein, soviel steht fest.