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Natürlich süß und gesund: Wie gut ist Allulose wirklich?

1. Januar 2025

Süß und ganz ohne Kalorien - Allulose gilt als natürliche und gesunde Alternative zu Zucker. Und als eine gute Nachricht für Menschen mit Diabetes. Lassen sich diese Annahmen wissenschaftlich belegen?

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Blick auf Regal mit zwei Tüten, die die Aufschrift "Allulose "tragen, daneben weitere Tüten mit Süßungsmitteln
In den USA und Südkorea ist Allulose als unbedenklich eingestuft worden - andere Länder sind zögerlicherBild: Depositphotos/IMAGO

In den 1990er Jahren machte Ken Izumori eine Entdeckung im Boden nahe der Universität Kagawa in Japan. Der Professor an der landwirtschaftlichen Fakultät fand einen Mikroorganismus, der Fruktose in Allulose umwandeln konnte.

Allulose ist ein Einfachzucker, ähnlich der Fruktose. Entdeckt wurde Allulose erstmals in den 1940er Jahren in Weizen. Es ist eine seltene Zuckerform, die nur in geringen Mengen in Feigen, Rosinen, Kiwis, Weizen, Ahornsirup und Melasse vorkommt. Entsprechend fand die Allulose lange wenig Beachtung und wurde kaum erforscht.

Nach Izumoris Entdeckung vergingen weitere Jahrzehnte, in denen die Zuckerform als Lebensmittel kaum eine Rolle spielte. Das ändert sich langsam: In den USA und Südkorea wird Allulose als Süßungsmittel zunehmend populär. Dort ist es mittlerweile auch für die kommerzielle Verwendung zugelassen.

Allulose kommt auf etwa 70 Prozent der Süße von herkömmlichem Haushaltszucker (Saccharose), hat aber nur 10 Prozent der Kalorien. Hersteller werben damit, dass der Süßstoff kalorienfrei ist, bei der Gewichtsabnahme hilft und gut für Menschen mit Typ-2-Diabetes sei. Aber: Gibt es für diese Behauptungen tatsächlich wissenschaftliche Beweise?

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Ist Allulose ein kalorienfreier Süßstoff?

Studien deuten darauf hin, dass die in Allulose enthaltenen Kalorien nicht verstoffwechselt, sondern wieder ausgeschieden werden. Allulose könnte daher eine süße Alternative für Menschen sein, die auf ihre Kalorienzufuhr achten möchten.

Es gibt zudem Hinweise darauf, dass Allulose - im Gegensatz zu herkömmlichem Zucker - keine Karies verursacht.

Der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde Food and Drug Administration (FDA) reicht das, um den Verzehr von Allulose als "sicher" einzustufen. Die Europäische Union, Kanada und andere Länder hingegen betrachten Allulose als Lebensmittel, dessen Sicherheit noch nicht ausreichend geprüft wurde. Sie fordern weitere Forschung.

Glykämischer Index: Allulose vs. Zucker

Allulose wird unter anderem damit beworben, dass es den Blutzuckerspiegel nicht erhöhe - also einen niedrigen glykämischen Index (GI) hat. Der glykämische Index (GI) ist ein Maß zur Bestimmung der Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel. Je geringer der glykämische Index, desto weniger und langsamer steigt der Blutzuckerspiegel an.

Als Maßstab für den GI wird die Blutzuckerwirkung von reinem Traubenzucker genommen, weil er den stärksten Blutzuckeranstieg unter allen Lebensmitteln verursacht: Traubenzucker hat einen GI von 100 Prozent.

Reiner Zucker erhöht den Blutzuckerspiegel auf einer Skala von 0 bis 100 um 65. Weißbrot hat einen GI von 73 - es dauert nicht lange, bis Weißbrot verdaut ist, und der Blutzuckerspiegel steigt stark.

Laut einer im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie kann eine Ernährung, die vor allem Lebensmittel mit hohem GI enthält, zu Herz-Kreislauferkrankungen und frühzeitigem Tod führen.

Allulose bannt zumindest diese Gefahr: Der Blutzuckerspiegel steigt durch den Verzehr nicht.

Ist Allulose eine Alternative für Menschen mit Typ-2-Diabetes?

Selbst hohe Allulose-Dosen halten den Blutzuckerspiegel stabil - auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Andere Studien weisen darauf hin, dass der Verzehr von Allulose den Glukose- und Insulinspiegel senkt und Schwankungen des Glukose- und Insulinspiegels im Blut verringert.

Das klingt nach einer guten Nachricht für Menschen mit Diabetes, deren Insulinsystem weniger wirksam ist und die ihren Blutzuckerspiegel nicht effektiv regulieren können.

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Bedeutet "natürlich" auch immer "gesund"?

"Wir haben die Kalorien [in unserer Schokolade] um bis zu 40 Prozent gesenkt, indem wir Zucker durch etwas ersetzt haben, das fast kalorienfrei ist", sagt Michelle Oten. Sie ist Gründerin von GOALZ, einem Unternehmen, das ausschließlich Allulose zum Süßen seiner Produkte verwendet. Oten sagt, sie wollte "etwas, das in der Natur vorkommt und nicht in einem Labor durch Spielereien mit Molekülen geschaffen wurde".

Doch Allulose als natürlich und damit automatisch als gesund zu deklarieren kann trügerisch sein. So gibt es Hinweise darauf, dass der Verzehr großer Mengen Allulose zu Magenschmerzen, Durchfall und Blähungen führen kann.

Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung mahnt zudem, Allulose könne das Wachstum bestimmter Bakterien im Körper fördern, die wiederum Infektionen wie Sepsis und Lungenentzündungen verursachen könnten. Das sei noch wissenschaftlich zu klären, so das BfR in einer Stellungnahme.

Haushaltszucker hat übrigens ebenfalls einen natürlichen Ursprung. Er wird aus Zuckerrüben und Zuckerrohr gewonnen. Trotzdem ist die Liste gesundheitlicher Probleme durch Zuckerkonsum lang: Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Karies, schlechte Haut und bestimmte Krebsarten.

"Natürlich" bedeutet also nicht automatisch "gesund".

Im Vergleich zu Zucker schneidet Allulose dennoch besser ab, finden viele Regulierungsbehörden. Andere fordern weitere Studien, um die Auswirkungen von Allulose auf die Gesundheit abschließend beurteilen und das Süßungsmittel als risikofrei einstufen zu können.

Dieser Artikel wurde von Lilia Breytenbach im Rahmen eines Praktikums in der DW-Wissenschaftsredaktion geschrieben. Unterstützt wurde sie von Zulfikar Abbany und Fred Schwaller. Der Artikel ist ursprünglich auf Englisch erschienen.

Quellen:

Zuckerersatz Allulose: Für eine gesundheitliche Bewertung als Lebensmittelzutat sind weitere Daten erforderlich, published by Bundesinstitut für Risikobewertung (2020) 

Allulose in human diet: the knowns and the unknowns, published by Daniel H., Hauner H., Hornef M., Clavel T. in the British Journal of Nutrition (2022)