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Das Kaukasus-Haus

Gesine Dornblüth10. September 2008

Im Kaukasus leben so viele Völker auf einem Raum wie sonst nur in Papua Guinea und im Amazonas-Gebiet. Alle sprechen unterschiedliche Sprachen. Das "Kaukasushaus" in Tiflis fördert daher die Verständigung der Menschen.

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Kaukasus Karte
Im Kaukasus leben so viele Völker auf einem Raum wie sonst nur in Papua Guinea und im Amazonas-GebietBild: picture-alliance/ dpa

Tamara Udschuchu blättert im Inhaltsverzeichnis eines schweren Buches. Mehrere hundert Seiten umfasst der Band, es ist eine Sammlung kaukasischer Märchen und Volkssagen, übersetzt aus insgesamt 19 Sprachen. "Es gibt zunächst mal die abchasisch-adygeischen Sprachen im Nordwestkaukasus: zum Beispiel Abchasisch, Abasinisch, Adygeisch, Tscherkessisch, Kabardinisch", erklärt sie.

Wejnaische und dagestanische Sprachen

"Dann kommen die Wejnaischen Sprachen: Tschetschenisch und Inguschisch. Es gibt die südkaukasischen, kartvelischen Sprachen: Georgisch, Mingrelisch, Swanisch. Und dagestanische Sprachen im Nordostkaukasus: Zum Beispiel Awarisch, Lagisch, Tabassaranisch, Lesgisch." Die Strukturen all dieser Sprachen kenne sie sehr gut. Aber sprechen könne sie nur Adygeisch, Kabardinisch, Tscherkessisch und Georgisch.

Haus der georgischen Minderheit wird abgebrannt (28.08.2008/AP)
Der Krieg hat die jahrelange Arbeit nun zunichte gemachtBild: AP

Alle Texte sind ins Georgische übersetzt. Tamara Udschuchu schlägt eine tscherkessische Sage auf. Tscherkessien liegt im Norden des Kaukasus, in Russland. Die Sage handelt von einem Fürsten, der zur Jagd auszieht. Tamara Udschuchu ist selbst Tscherkessin. Sie kam zum Studium der Kaukasuswissenschaften nach Tiflis und blieb.

Krieg hat Vertrauen zerstört

Tamara Udschuchu arbeitet im Kaukasus-Haus, einem Kulturzentrum in Tiflis. Die Räume stehen voller Bücherregale. Im Innenhof sitzen Menschen und diskutieren. An der Textsammlung der Märchen und Volkssagen haben Wissenschafter aus dem gesamten Kaukasus 25 Jahre lang gearbeitet, über alle Grenzen hinweg - eine echte Pionierarbeit.

Viele kaukasische Sprachen existieren nur mündlich, einige werden nur von wenigen tausend Menschen gesprochen. Demnächst soll eine russische Ausgabe dieser Märchen und Sagen erscheinen, denn Russisch ist die Sprache, die fast alle in der Region verstehen.

Wiederaufbau der Kontakte

Das Kaukasus-Haus arbeitet seit 15 Jahren mit Wissenschaftlern und Künstlern aus Russland, Aserbaidschan, Armenien und Georgien zusammen, bringt Menschen aus verfeindeten Regionen an einen Tisch. Der Krieg habe ihre jahrelange Arbeit nun zunichte gemacht, klagt Micheil Beruschwili.

Er koordiniert die Kultur-Programme im Kaukasushaus. "Das Vertrauen ist verloren. So viel Blut ist geflossen und es gab so viel Propaganda aus Russland und auch aus Georgien", sagt er. Und jetzt sei es sehr schwer sich vorzustellen, was weiter gemacht werden könne. "Wir müssen versuchen, Kontakte wiederherzustellen. Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen."

Sprachen lernen – Konflikte vermeiden

Eine junge Frau kommt dazu. Tinatin Mosiaschwili arbeitet im Bildungsministerium. Sie lernt im Kaukasushaus Aserbaidschanisch. Aus Interesse, und weil sie meint, dass nur, wer den anderen versteht, dessen Handeln voraussehen kann. So könnten Konflikte vermieden werden. Tinatin Mosiaschwili stammt aus Kvemo Kartli, einer Region in Georgien, in der viele Aserbaidschaner leben. Dort gab es schon öfter soziale Unruhen.

"Es gibt dort sehr viele Probleme, weil die aserbaidschanische Minderheit fast kein Georgisch kann", erzählt sie. "Bei den Männern geht es noch, denn sie kommen unter Leute, aber die Frauen sitzen nur zu hause." Deshalb könnten sie die Landessprache, Georgisch, nicht, und auch kein Russisch. Und deshalb käme es zu großen Kommunikationsproblemen. "Wenn wir die nicht lösen, dann bekommen wir dort demnächst vielleicht auch noch einen Konflikt."