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Alibaba und der Milliardär

Frank Sieren10. September 2014

Dem chinesischen Onlinehändler Alibaba gelingt in diesen Tagen einer der größten Börsengänge aller Zeiten. Die westliche Konkurrenz sollte sich fragen, warum, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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Porträt von Jack Ma, Gründer von Alibaba (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Obwohl der Börsengang noch bevorsteht, ist Alibaba-Gründer Jack Ma schon der reichste aller Chinesen. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Nachrichtenagentur Bloomberg, die den Gründer des Internethändlers Alibaba vor kurzem in ihrem Milliardärs-Index – mit einem Vermögen von 21,8 Milliarden US-Dollar – für China auf dem ersten Platz sieht. Anders als viele seiner westlichen Wettbewerber macht Alibaba schon seit Jahren hohe Gewinne. Allein im ersten Geschäftsquartal dieses Jahres verdreifachte sich der Gewinn auf nahezu 1,99 Milliarden Dollar. Alibaba verkauft also nicht nur mehr Waren als Ebay und Amazon zusammen, es macht auch deutlich höhere Gewinne. Der zuvor reichste Mann des Landes, Wang Jianlin, der sein Geld noch nach alter Schule mit Immobilien machte, liegt nun in China nur noch abgeschlagen auf dem sechsten Platz.

Und Ma ist, was die Einnahmen betrifft, kein Ausreißer. In China machen die Internetkonzerne generell nun die dicksten Gewinne. Auf Platz zwei und drei des diesjährigen China-Rankings stehen ebenfalls Internetunternehmer: zuerst Ma Huateng, der Gründer von Tencent, dem nach Marktwert größten Internetunternehmen in China, und dann Robin Li, der Gründer des Suchmaschinen-Betreibers Baidu. Im internationalen Ranking reicht es für Ma bislang nur für Platz 35. Das dürfte sich ab kommender Woche ändern, wenn Alibaba an den Börsen gehandelt wird. Analysten schätzen, dass der Wert des Online-Händlers beim jetzt anstehenden Börsengang bei 154 Milliarden Dollar liegen wird. Nach der Erstnotiz solle er sogar 200 Milliarden Dollar betragen. Ma hält immerhin noch rund sieben Prozent der Anteile. Er wäre dann auf einen Schlag 14 Milliarden US-Dollar reicher – allerdings vor Steuern.

Beeindruckendes Wachstum seit Gründung

Porträt Frank Sieren
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Seit Jack Ma vor 15 Jahren das Unternehmen mit ein paar Partnern in seinem Wohnzimmer in Hangzhou im Süden Chinas gründete, legte Alibaba ein märchenhaftes Wachstum hin. Im ersten Jahr sicherte sich Ma eine Finanzspritze über 25 Millionen US-Dollar von renommierten ausländischen Investoren, darunter der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs und der japanische Mobilfunkanbieter Softbank. Anders als die westlichen Vorreiter war sein Unternehmen schon nach drei Jahren profitabel. Ma wird mittlerweile nicht nur als Milliardär sondern auch als Held gefeiert, der das Internet sowie den Onlinehandel in China grundlegend mitgestaltet hat.

Ähnlich wie Ebay und Amazon im Westen hat Alibaba das Kaufverhalten, und die Art Geschäfte zu machen, komplett verändert. Dabei hat er einiges anders gemacht als die amerikanische Konkurrenz: Er hat sich die Schwächen in den Geschäftsmodellen genau angeschaut und diese in China vermieden. Im Unterschied zu eBay müssen Anbieter auf Taobao zum Beispiel keine Gebühren zahlen. Mit Taobao verdient Alibaba allein durch Werbung und zusätzliche Dienstleistungen, die die angebotene Ware aus der schieren Masse hervorhebt. So lockte Ma nicht nur Millionen Hobbyverkäufer sondern auch um die 58 Millionen kleine und mittelständische Einzelhändler auf seine Seiten. Auch auf der Käuferseite konnte er mit Neuem locken.

Millionen potenzielle Neukunden

Anders als bei Ebay, wo Vorkasse stets obligatorisch ist, kann bei Taobao auch erst nach Erhalt der Ware bezahlt werden. Das hat auch die skeptischen Käufer überzeugt. Trotz Internet-Geld gegen Ware, wie in alten Zeiten. Zudem sind Chinesen es gewohnt, die neuen Produkte zunächst einmal auszupacken und anzuschließen. Die Angewohnheit stammt noch aus alten Zeiten, wo nur jedes dritte Gerät funktioniert hat. Die beiden einfachen, aber genialen Verbesserungen sind dann auf einen riesigen Markt getroffen und schon ging es explosionsartig nach oben.

Ein Modell, das auch in den nächsten Jahren noch nicht an seine Grenzen stoßen wird. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ma auch in den nächsten Jahren astronomische Gewinne einfahren wird, während das Wachstum der westlichen Internethändler langsam an Grenzen stößt. Erst 618 Millionen der 1,3 Milliarden Chinesen haben einen Internetzugang und kaufen auch online ein: Im vergangenen Geschäftsjahr wurden Waren im Wert von knapp 171 Milliarden Dollar über Alibabas Plattformen verkauft. Wie sehen die Zahlen erst aus, wenn auch die andere Hälfte der Bevölkerung online unterwegs ist?

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.