Alfred Flechtheim: Kämpfer für die Avantgarde
Die Sammlung des jüdischen Kunsthändlers war die bedeutendste des 20. Jahrhunderts. Die Nazis zerstreuten sie in alle Winde, jetzt hängen die Bilder in vielen Museen. Die Erben fordern viele Kunstwerke vergeblich zurück.
Gemeinsame Leidenschaft
Als der Industriellensohn Alfred Flechtheim die Kunst für sich entdeckte, gab es für ihn keine Grenzen mehr. Sein Geld und die Mitgift seiner Frau Betti legte er in Bildern an. Er förderte junge, wilde Nachwuchsmaler, die er in der Pariser Szene auftat - und brachte große Teile der deutschen Kunstszene gegen sich auf. Dennoch sorgte er für den Durchbruch der modernen Kunst in Deutschland.
"Entartete Kunst"
Die Nationalsozialisten bereiteten Flechtheims erfolgreichem Wirken ein jähes Ende. Als Jude wurde er diffamiert und schon 1933 in die Flucht nach London getrieben, wo er 1937 mittellos starb. Seine Galerien waren von den Nazis geschlossen worden, die Gemälde beschlagnahmt, verhökert und versteckt. Das Bild "Häuser am Berg" (1926) von Paul Klee stammt aus der Sammlung und hängt jetzt in Stuttgart.
Jahrelanges Streiten
Um viele Bilder streiten sich die Flechtheim-Erben mit Museen, Sammlern und Galerien. In zahlreichen namhaften Museum hängen Bilder aus der Flechtheim-Sammlung, von Künstlern wie Picasso, Matisse, Degas, Munch oder auch dieses Bild von Paul Signac: "Venedig" (1908) ist in der Hamburger Kunsthalle zu sehen.
Streit um Kokoschka
Nach Flechtheims Flucht eignete sich ein enger Mitarbeiter seinen Besitz an und machte ihn zu Geld. Für 1.800 Mark verkaufte er das "Porträt der Tilla Durieux" von Oskar Kokoschka an den Kölner Sammler Josef Haubrich. Der wiederum schenkte seine Sammlung 1946 der Stadt Köln. Flechtheims Erben klagten, und schließlich musste Köln das Bild im Wert von drei Millionen Euro im Juni 2013 zurückgeben.
Übereinkunft in Blau
Während sich die Kölner mit der Rückgabe schwertaten, waren andere Museen kooperativer. So hat das Kunstmuseum Bonn das Bild "Leuchtturm mit rotierenden Strahlen" (1913) des rheinischen Expressionisten Paul Adolf Seehaus zurückgegeben. Die Erben wurden ausgezahlt, das Bild durfte hängenbleiben.
Provenienz eindeutig
Die Provenienz, also die Herkunft des Bildes, ist gerade bei Nazi-Raubkunst nicht einfach zu ermitteln. Bei dieser "Läuferin" von Willi Baumeister (1927) ist sie klar: Der Künstler gab das Bild in Kommission bei Flechtheim ab, erhielt es aber später wieder zurück und verkaufte es an den Sammler Hugo Borst. Dessen Erbe reichte es an die Staatsgalerie Stuttgart weiter, wo es heute auch hängt.
Museen arbeiten zusammen
Pünktlich zum 100. Jahrestag der Eröffnung der ersten Flechtheim-Galerie in Düsseldorf am 9. Oktober 1913 stellen 15 Museen Kunstwerke aus, die aus Flechtheims Sammlung stammen. Gleichtzeitig gibt es den Launch der Webseite AlfredFlechtheim.com, auf der die Wege der Bilder aus seiner Sammlung nachgezeichnet werden. Auch dieses "Blumenstilleben" (1918) des Expressionisten Max Pechstein ist dabei.
Ein beliebtes Sujet für "seine" Künstler
Ob Namen wie Picasso, van Gogh, Matisse, Klee, Munch, Cézanne oder Pechstein - Flechtheim hatte so ziemlich jeden Maler des frühen 20. Jahrhunderts unter seinen Fittichen. Mit vielen verband ihn auch eine enge Freundschaft. Kein Wunder, dass er auch oft von ihnen gemalt wurde, hier von Hanns Bolz (1910). Andere Porträts gibt es von Ernst Linnekamp, Karl Hofer oder Otto Dix.