Alexandra Popp beendet Karriere bei den DFB-Frauen
30. September 2024Als Alexandra Popps Name am 9. August im Groupama Stadion in Lyon aufgerufen wird, brandet noch einmal lauter Applaus bei den anwesenden Fußball-Fans auf. Gerade hat die Kapitänin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaftdie olympische Bronzemedaille um den Hals gehängt bekommen. Popp winkt kurz in die Menge, wirft einen Blick auf ihre Medaille und küsst sie. Die DFB-Frauen hatten gerade bei den Olympischen Spielen 2024 die Weltmeisterinnen aus Spanien knapp mit 1:0 geschlagen und das Turnier auf Platz drei beendet.
"Ich durfte mit diesem verrückten Team einen Olympia-Krimi erleben, und dafür sage ich Danke", schrieb die 33-Jährige später auf ihrem Instagram-Profil und bedankte sich auch bei allen "Fans, die uns die letzten Wochen tatkräftig im Stadion und vor dem TV unterstützt haben". Die Ehrung in Frankreich war der vorletzte Auftritt der Torjägerin im Dress der deutschen Nationalmannschaft.
Nach ihrem 145. Länderspiel am 28. Oktober in Duisburg gegen Australien ist Schluss für die Stürmerin, die bislang 67 Tore für Deutschland erzielte. Popp, die zuletzt immer wieder mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte, beendet ihre Karriere im DFB-Team. "Nach langen, tränenreichen Überlegungen habe ich mich schweren Herzens dazu entschlossen, meine Nationalmannschaftskarriere zu beenden", ließ die Angreiferin in einer Mitteilung des Deutschen Fußball-Bunds wissen. "Das Feuer, welches vor 18 Jahren in mir entfacht und von Jahr zu Jahr stärker wurde, ist nun fast ausgebrannt. Mir war immer wichtig, diese einschneidende Entscheidung selbst zu treffen, ich alleine aus meinem Inneren. Weder mein Körper, der eine tickende Zeitbombe ist, noch eine andere Person sollten mir zuvorkommen." Nun sei der "richtige Zeitpunkt gekommen", so Popp.
Popp "Persönlichkeit des Jahres" 2022
"Sie ist eine der besten Fußballerinnen weltweit, hat den Sport geprägt und ist Vorbild für Millionen" würdigte der DFB die zurückgetretene Nationalstürmerin. Die dreimalige "Fußballerin des Jahres" wird den bevorstehenden Umbruch der deutschen Auswahl unter dem neuen Bundestrainer Christian Wück somit nur als Zuschauerin verfolgen. Der Nachfolger von Horst Hrubesch muss die Europameisterschaft im kommenden Jahr in der Schweiz ohne die deutsche Vorzeigefußballerin planen.
Ihr A-Länderspieldebüt feierte Popp am 17. Februar 2010, schon wenige Tage später gelangen ihr die ersten Tore für die deutsche Auswahl. Popps Stern beim DFB ging allerdings schon früher auf. Mit den U17-Juniorinnen wurde sie 2008 Europameisterin, mit der U20 2010 im eigenen Land Weltmeisterin. Dieses Turnier beendete sie mit zehn Treffern als Torschützenkönigin - sie wurde zudem mit dem "Goldenen Ball" als beste Spielerin geehrt.
Die WM 2019 in Frankreich war ihr erstes Turnier als DFB-Kapitänin. Und als erste Frau überhaupt wurde sie nach der EM 2022 in England, die Deutschland auf dem zweiten Platz beendet hatte, vom Fußball-Fachmagazin 'Kicker' als "Persönlichkeit des Jahres" ausgezeichnet. Bei ihrer letzten WM 2023 in Australien und Neuseeland schied Popp mit der DFB-Auswahl enttäuschend bereits in der Vorrunde aus.
"Keine andere Wahl, als Fußball zu spielen"
Ihr Weg hin zu einer inspirierenden Führungspersönlichkeit des deutschen Frauenfußballs begann im Ruhrgebiet. Dort machte die Angreiferin ihre ersten Schritte auf dem Fußballplatz. "Ich hatte das Gefühl, dass ich nie eine andere Wahl hatte, als Fußball zu spielen", erzählte Popp einmal der DW. "Ich habe extrem früh angefangen, mit vier Jahren. Ich wollte von Geburt an immer auf einem Fußballplatz oder in einer Sporthalle sein."
Mit 16 Jahren machte sie den ersten großen und wohl wichtigsten Schritt in ihrer noch jungen Karriere. Sie wechselte zur Gesamtschule "Berger Feld", wo auch die Nachwuchsspieler des FC Schalke 04 die Schulbank drücken. Hier trainierte Popp neben dem Unterricht als einziges Mädchen mit damaligen Schalker Talenten wie Joel Matip, Ralf Fährmann oder Max Meyer.
"Ich muss zugeben, dass es nicht einfach war", sagte Popp. "Am Anfang waren die Jungs sehr skeptisch und wussten nicht so recht, wie sie mit mir umgehen sollten. Aber ziemlich früh haben wir dann fünf gegen zwei gespielt und sie haben gemerkt: 'Okay, die hat was drauf'. Danach hat es sich schnell beruhigt."
Popp - eine Führungspersönlichkeit
2008 wechselte Popp zum FCR Duisburg und gewann gleich in ihrer ersten Saison den UEFA-Cup und holte den DFB-Pokal. "Sie war schon damals eine Art Führungspersönlichkeit. Ich würde nicht sagen, dass sie eine geborene Führungspersönlichkeit war, aber es zeichnete sich schon ab", erinnerte sich Annike Krahn im DW-Interview an die junge Popp.
Nach ihrem Wechsel zum VfL Wolfsburg vier Jahre später entwickelte sich Popp zu der dominanten Stürmerin und Führungspersönlichkeit, die sie heute ist. In ihren insgesamt mehr als 300 Spielen für Duisburg und die Wölfinnen erzielte sie mehr als 140 Tore, gewann sieben Bundesliga-Titel, 13-mal den DFB-Pokal und sogar zweimal dieChampions League.
Kathrin Hendrich: "Poppi ist eine Ikone"
Im Alter von 22 Jahren hatte Popp im Vereinsfußball bereits alles gewonnen. Doch dann begann eine harte Zeit mit vielen Verletzungen. Erst verpasste sie die Europameisterschaft 2013, auch bei der EM vier Jahre später musste sie verletzungsbedingt passen. Und obwohl sie bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio mit dem DFB-Team Gold gewann, drohten Verletzungen ihre internationale Karriere so sehr zu beeinträchtigen, dass sie bereits damals über ein Karriereende nachdachte.
Doch Popp ließ sich nicht unterkriegen und kämpfte sich immer wieder zurück. "Sie zeigt, dass man einfach dranbleiben, seinen Weg gehen muss und sich durch nichts unterkriegen lassen soll. Sie hat mich definitiv sehr inspiriert", sagte DFB-Teamkollegin Kathrin Hendrich der DW. "Poppi ist eine Ikone. Wenn man in Deutschland jemanden fragt, welche Fußballerin einem als Erstes einfällt, dann steht sie ganz oben auf der Liste."
Nun ist es an der Zeit für neue "Ikonen" im deutschen Frauenfußball. Ihre Karriere beim VfL Wolfsburg will die 33-Jährige zunächst fortsetzen, Popps Vertrag läuft noch bis zum Ende der aktuellen Saison. Denkbar ist, dass sie nach einem Ende ihrer aktiven Karriere den Wolfsburgerinnen in anderer Funktion erhalten bleibt. Das deutete VfL-Sportdirektor Ralf Kellermann bereits an: "Es wäre fahrlässig, sich nicht darum zu bemühen. Alexandra Popp nach so vielen Jahren und mit ihrer Strahlkraft im Klub zu halten."