Alberto Ferro gewinnt Telekom Beethoven Competition
10. Dezember 2017"Ich kann es nicht fassen, dass ich hier bin", sagte der junge Pianist nach dem ausverkauften Finale im Bonner Telekom Forum. "Nicht nur, dass ich gewonnen habe, sondern auch, dass ich überhaupt am Wettbewerb teilgenommen habe." Dennoch wirkt Alberto Ferro stets gefasst, im Gespräch mit der DW wie im Spiel. Beim Finale interpretierte er stilsicher, kräftig-virtuos und mit zarter Empfindung Ludwig van Beethovens Viertes Klavierkonzert. Mit traumwandlerischer Sicherheit hatte er sich in den zehn Tagen des Klavierwettbewerbs ganz nach oben gespielt: "Es hat mich selber überrascht: In allen Runden habe ich nicht an die Juroren gedacht. So konnte ich mich darauf konzentrieren, den Zuhörern die Gefühle zu vermitteln, die in der Musik stecken."
Erst zwei Tage vor Ablauf der Frist hatte der junge Pianist sich zur International Telekom Beethoven Competition Bonn angemeldet, und erst in den letzten 15 Tagen vor Beginn des Wettbewerbs konnte er sich auf einige Pflichtstücke konzentrieren, darunter Ludwig van Beethovens 32 Variationen in c-Moll und Alban Bergs Klaviersonate op. 1. Über das Ergebnis war man sich jedoch selten so einig: Beim 7. ITBCB gewann Alberto Ferro nicht nur den ersten Preis der neunköpfigen Jury (30.000 Euro), sondern auch den Sonderpreis des Publikums für die "Beste Interpretation eines Klavierkonzerts im Finale" (3.000 Euro). Als Publikumsfavorit des Semifinales erhielt er zudem den Beethoven-Haus-Preis mit 1.000 Euro und weitere 1.000 Euro für das "StreamOn Beethoven Award": Hier stimmte das weltweite Onlinepublikum ab.
"Uns ist die Entscheidung leicht gefallen", sagte Pavel Gililov, künstlerischer Leiter und Juryvorsitzender des Musikwettbewerbs. "Ferros Spiel ist stabil und sehr authentisch. Ich konnte alle seine musikalischen Ideen sofort verstehen. Er schafft eine harmonische Atmosphäre. Er hat alle Qualitäten, die man braucht, um als Konzertpianist eine gute Karriere zu starten."
Viele Preise und ein Erdrutschsieg
Alberto Ferro spielte das vierte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven und wurde vom Beethoven Orchester Bonn unter Leitung von Dirk Kaftan begleitetet, das leider durch eine elektronische Klangverstärkung je nach Sitzplatz im Saal eine dröhnende Qualität erhielt.
Dafür konnten die drei Finalisten natürlich nichts. Beim Finale gab jeder ein Klavierkonzert Beethovens zum Besten, und auffallend waren die großen künstlerischen Unterschiede. Der 26-jährige Japaner Tomoki Kitamura baute ein glänzend-perfektes Klanggebäude auf und erhielt dafür den mit 20.000 Euro dotierten zweiten Preis. Die 31-jährige Koreanerin Ho Jeong Lee spielte ihrerseits mit bezirzender Wärme und setzte überraschende Ausdrucksvarianten ein, was ihr den dritten Preis (10.000) Euro einbrachte.
Als einziger Preisträger, der nicht in die letzte Runde kam, erhielt der 29-jährige Brite Ashok Gupta den mit 1000 Euro dotierten Sonderpreis für die beste Interpretation von Kammermusik.
Das Publikum spielt mit
Auffallend bei diesem Musikwettbewerb ist die ungewöhnlich hohe Publikumsbeteiligung: In allen Runden saßen ein paar Hundert Zuhörer im Saal. Einige lasen Partituren mit oder machten Notizen in verschiedenen Sprachen auf ihren Programmzetteln – und in den Satzpausen hätte man eine Stecknadel fallen hören können. "Die Zuhörer strahlten eine große Wärme aus", sagte Alberto Ferro. "Es war mein erster Auftritt in Bonn, aber es war wie ein Heimspiel."
Diese Einstellung wird Alberto Ferro weiter hilfreich sein: Am 16. Dezember tritt er in der BeethovenNacht des Beethoven Orchesters Bonn auf; geplant ist auch eine Konzerttournee mit der Klassischen Philharmonie Bonn.
Dass ein Sieg von verschiedensten Faktoren abhängen kann, wissen die Veranstalter von Musikwettbewerben allzu gut. Unterschiedliche Wahrnehmungen der Zuhörer können sich bei den diversen Preisen der ITBCB widerspiegeln. Diesmal kam es jedoch zu einem Erdrutschsieg für Alberto Ferro.
Dennoch war Pavel Gililov auch von den anderen beiden Finalisten überzeugt. Tomoki Kitamura habe "ein wunderbares Zeitgefühl und baut lange Phrasen auf. Er schafft einen eleganten, transparenten Klang am Klavier - und dabei habe ich das Gefühl, ein großes Orchester mit einem wunderbaren Dirigenten zu hören". Ho Jeong Lee attestierte er dafür "großes musikalisches Empfinden und große Wärme. Jetzt kann sie vielleicht weiter daran arbeiten, verschiedene Klangfarben zu herauszubringen und das Tempo zu präzisieren."
Auch die leiseste Andeutung von Kritik setzt Gililov aber sofort diplomatisch in Kontext: "Alle waren Gewinner, weil sie um die Erfahrung reicher sind. Und die, die keine Preise erhalten haben, wollen nächstes Mal wieder dabei sein."