Albanischer Premier stoppt die Bauarbeiten eines Friedhofs für deutsche Gefallene des Zweiten Weltkriegs
25. April 2002Köln, 25.4.2002, DW-radio / Albanisch
Oberhalb der albanischen Hauptstadt Tirana, inmitten einer Parkanlage mit See, befinden sich die Gedenkstätten für die drei Brüder Frasheri, zentrale Figuren der Nationalen Wiedergeburt Albaniens im 19. Jahrhundert. Dort liegen auch die in Albanien gefallenen britischen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg begraben. Gerade dort soll nun die deutschen Gefallenen des Zweiten Weltkriegs ihre letzte Ruhe finden. Die Bauarbeiten mitten im Stadtpark von Tirana wurden schon im letzten Sommer begonnen. Für die Beisetzung der 1992 in der westalbanischen Stadt Lushnja ausgegrabenen Überreste der Soldaten liegt ein 1994 zwischen dem damaligen deutschen Außenminister, Klaus Kinkel, und seinem albanischen Amtskollegen Alfred Serreqi geschlossenes offizielles Abkommen vor. Demnach sollen die Überreste der 56 Soldaten auf einer 95 Quadratmeter großen Fläche beigesetzt werden. Bis vor kurzem galt die Sache als erledigt.
Gestern jedoch kündigte der jetzige sozialistische Premierminister Pandeli Majko an, dass er das Verfahren der Grundstückvergabe überprüfen wolle. Majko erteilte somit die Anweisung, die Bauarbeiten abzubrechen. Seiner Auffassung nach, hat die Rathausverwaltung mit dem Beginn des Baus des Friedhofs im letzen Sommer "undurchsichtig" und "über ihre Kompetenzen hinaus" gehandelt.
Der Bürgermeister von Tirana, Edi Rama, rechtfertigte den Bau des Friedhofs mit der Begründung, damit werde lediglich ein legitimes Abkommen umgesetzt.
Rama: Diese Arbeit gehört zum Kompetenzbereich des Rathauses von Tirana. Es (das Rathaus - MD) hat lediglich das Abkommen umgesetzt, das zwischen dem neuen albanischen Staat und einem Staat, der eine führende Rolle in der Europäischen Position innehat, geschlossen wurde. Ich glaube nicht, dass es etwas zu deuteln gibt, wenn dieser Staat um ein Stück Grab für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges bittet. Man sollte sehr vorsichtig mit dieser Frage umgehen, denn alles, was wir getan haben, war als letzte ein Abkommen zwischen Deutschland und allen Staaten der antifaschistischen Front umzusetzen, wonach den Gefallenen im feindlichen Territorium ein Grundstück für ihre Gräber bereit gestellt wurde.
Wir seien keine Barbaren, argumentierte Rama weiter, die die Überreste der Deutschen monate- und jahrelang in den Kellern der Botschaft in Tirana verfaulen ließen.
Neben den Kompetenzstreitigkeiten um die Errichtung der Gedenkstätte hatte die Diskussion auch Emotionen hervorgerufen. Dabei wurde kritisiert, dass Täter und Opfer nebeneinander begraben werden sollten. Der stellvertretende Botschafter Deutschlands in Albanien, Martin Frick, bestätigte heute in Tirana, dass das Verfahren für den Bau des Friedhofs gemäß dem Abkommen zwischen den beiden Staaten verlaufen sei und dass alle Schritte gemeinsam mit der Rathausverwaltung gemacht wurden. Wir haben sogar das Einverständnis der Gesellschaft der Kriegsveteranen eingeholt, sagte Frick weiter:
"In Europa gehört es fast zur Normalität, dass die Gräber derjenigen, die gegeneinander gekämpft haben, neben einander liegen, denn der Krieg ist seit 60 Jahren zu Ende", fügte er hinzu. (MK)