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Im Hamas-Dilemma

Elisabeth Lemann10. Juli 2014

Ägypten ist als Vermittler im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern im Gespräch. So, wie bereits unter der Regierung der Muslimbruder im Jahr 2012. Doch unter Präsident Al-Sisi stehen die Zeichen anders.

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Abdel Fattah al-Sisi
Bild: picture-alliance/dpa

Der Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen in Rafah ist wieder geöffnet. Zwar im Moment nur für verwundete Palästinenser, die in Krankenhäusern auf dem Sinai behandelt werden sollen. Doch es ist ein erster Schritt, den Ägypten zur Entspannung der Lage im Konflikt zwischen Israel und der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas beiträgt.

Israels Regierung und Palästinenserpräsident Abbas hätten gerne, dass Ägypten zwischen den verfeindeten Lagern vermittelt. So wie es 2012 der damalige Präsident der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, getan hatte, als sich Israel und die Hamas acht Tage lang bekriegt hatten. Doch die Vorzeichen unter dem neuen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi sind heute andere.

"Die Ägypter haben wenige Sympathien mit der Hamas. Allerdings sieht die Regierung das palästinensische Problem als ein Problem aller Araber an", sagt Said El Lawendy, Politikwissenschaftler am Ahram-Zentrum für politische Studien in Kairo. Schon deshalb müsse Ägypten einschreiten.

Hamas gilt als Staatsfeind

Die Hamas ist ein Ableger der islamistischen Muslimbruderschaft, dem Staatsfeind Nummer eins in Ägypten. Ähnlich hart wie gegen die Muslimbrüder geht die ägyptische Regierung auch gegen die Hamas vor. Im März dieses Jahres hat ein Kairoer Gericht die Organisation in Ägypten verboten und ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt. Ein harter Schlag gegen die Hamas, der langsam wichtige Geldgeber wegbrechen.

Gazastreifen Palästina Ägypten Grenze Rafah
Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen in RafahBild: Said Khatib/AFP/Getty Images

Zudem hatte die ägyptische Armee sofort nach dem Sturz von Mohammed Mursi im Juli vergangenen Jahres damit begonnen, die illegalen Tunnel zwischen Sinai und dem Gaza-Streifen zu zerstören, die als einzige Versorgungsquelle dienten, ohne auf Israel angewiesen zu sein. Begründung: Durch die Tunnel würden Waffen geschmuggelt, die die Sicherheitslage in Ägypten bedrohten. Immer wieder ist es in den vergangenen Monaten zu Anschlägen auf dem Sinai gekommen, "Ereignisse, die der Hamas zuzuschreiben sind", ist El Lawendy überzeugt. "Ägypten hat ein Interesse an der Sicherheitslage in Palästina, weil das Land unser direkter Nachbar ist und die Lage dort ein integraler Bestandteil der ägyptischen nationalen Sicherheit ist." Ägypten sei daher immer an der Vermittlung zwischen den Konfliktparteien interessiert, so El Lawendy.

Gratwanderung für Al-Sisi

Doch Präsident Al-Sisi ist im Moment zurückhaltend. Über seinen Sprecher Ehab Bawdy hat er mitteilen lassen, dass er die Angriffe Israels auf den Gaza-Streifen verurteile und Ägypten "grundsätzlich daran arbeitet, unschuldige Zivilisten in Palästina zu schützen". Doch Al-Sisi wandert auf einem schmalen Grat. Im Kampf gegen die Hamas scheinen ihm die israelischen Angriffe ganz gelegen zu kommen. Sie könnten die ohnehin angeschlagene Organisation weiter massiv schwächen. Fordern die israelischen Angriffe hingegen zu viele Opfer unter den Zivilisten, treibt das die Palästinenser wieder in die Arme der Radikalen. Zudem gilt die Solidarität mit den Palästinensern als Staatsraison in Ägypten. Und so herrscht über alle Parteien hinweg Einigkeit im Land, dass die Intervention Israels zu verurteilen ist.

Treffen Mohammed Mursi mit Khaled Meshaal
Treffen von Mohammed Mursi mit Khaled Meshaal von der Hamas Anfang 2013 in KairoBild: Reuters

Israel könnte Ägyptens Energiekrise lindern

So spricht der Vorsitzende der ultrakonservativen Nour-Partei Nader Bakar auf Twitter von einem "bestialischen Bombardement in Gaza", von einer "kollektiven Bestrafung gegen wehrlose Zivilisten und unschuldige Kinder". Die liberale Demokratie-Bewegung "6. April" hat die Ägypter in einem Statement gebeten, Hilfslieferungen nach Gaza zu schicken. Zudem kritisierten sie, dass Präsident Al-Sisi nach wie vor zu den Vorgängen in Gaza schweige.

Al-Sisi dürfte dafür auch noch einen anderen Grund haben: Ägypten hofft auf israelisches Gas. Sollte ein geplantes Abkommen zwischen dem britischen Konzern BG und Israel zustande kommen, könnte das Leviathan-Feld vor der Küste Israels Ägypten mit Gas versorgen. In Zeiten chronischen Energiemangels in Ägypten eine verlockende Aussicht.